Archives for Mai 2014

Schnecke beim Malen

Ein Buch, das neben meinem Bett liegt & darauf wartet, gelesen zu werden, heißt: „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“. Ich zögere, es aufzuklappen – und vielleicht zu entdecken, dass es anders ist, als der Titel verspricht. Nicht so fein, nicht so lustig, nicht so gegenwärtig…

Heute beim Malen fiel mir dieser Titel ein, und ich dachte, das ist jetzt das Geräusch einer Schnecke beim Malen, das Fühlen einer Schnecke beim Malen: Langsam, die Vibration der Farbe spürend, die Rauheit des Papiers erlebend, meine eigene Präsenz spürend, achtsam, liebevoll, vollkommen gegenwärtig.

Und kurz darauf ertappe ich mich wieder beim Planen: All die Ideen, die auftauchen, wie ich gleich weitermalen könnte…
Eine Schnecke mit Zeitplan, Kontrolle, Ideen… (Was sagte doch gleich Robert Rauschenberg über Ideen?!)

Und wieder zurück zum Geräusch des Pinsels auf dem Papier, zurück zu meinen Empfindungen im Moment, zurück zu der Gewissheit, dass alles aus DIESEM Augenblick entspringt. Fühlen. Atmen. Eine neue Farbe nehmen. Meditation in Aktion.

Was ist deine Farbe in diesem Moment? Was ist dein kostbarer Ausdruck in diesem Moment?
In dieser Woche lade ich ein zu einer Übung in Langsamkeit und Entdeckerfreude. Rückmeldungen erwünscht!

Wann ist das Bild fertig?

Meine Malexpedition geht weiter: Eine Woche lang täglich malen.
Das heißt, sich einmal täglich auf die eigene Kreativität besinnen, zu sich kommen, malend in Kontakt bleiben, sehen, was passiert.
Gestern merkte ich, dass ich mein letztes Bild wieder aus der Ecke holen und an ihm weitermalen musste. Es war noch nicht fertig gewesen, das wurde mir klar, als ich mit dem neuen Blatt nicht weiterkam. Also holte ich es vor, hängte es auf und fragte mich, wo ICH in dem Bild war. Und musste feststellen, dass ich in dem Bild gar nicht vorkam.
Kein Wunder, dass nichts Neues geschehen wollte.

Die Frage, wo wir in einem Bild sind, heißt nicht, dass wir in irgendeiner Form auf ihm verewigt sein müssen. Aber in jedem Bild, das uns wirklich berührt, gibt es eine Stelle (oder mehrere Stellen), in denen wir uns selbst spüren. Auch bei Bildern von anderen können wir das fragen: in allen Bildern großer Künstler, die mich tief ansprechen, kann ich MICH finden.

Jetzt male ich an dem unfertigen Bild weiter, immer auf der Suche nach mir. Das tut gut.

Die Frage „Wo bin ich in dem Bild?“ ist eine von vielen möglichen Fragen, die uns helfen können, einen tieferen Zugang zu unserem „Werk“ zu bekommen. Und sie hilft uns auch, zu entscheiden, ob ein Bild wirklich fertig ist.

 

Fünf Minuten malen

Am Wochenende hatte ich einen Malkurs im Atelier.
In einer der Gesprächsrunden nach dem Malen sagte eine Teilnehmerin: Wenn ich auf diese Weise male, fühle mich hinterher wunderbar satt. Das scheint ein Paradox zu sein… werden wir nicht davon satt, dass wir etwas aufnehmen, essen, bekommen? Und nicht davon, dass wir etwas tun und geben?

Aber ich kenne das auch: Wenn ich mich aus mir selbst heraus – stimmig, im Einklang mit mir – ausdrücke, bin ich hinterher satt, erfüllt, ganz. Selbst wenn ich am Anfang der Malsitzung noch unruhig bin.
Selbst wenn ich, wie so oft vorher, denke: „Ach, malen, dafür habe ich jetzt eigentlich keine Zeit.“

Zum Malen ist immer Zeit, besonders, wenn wir uns erinnern, dass jeder Schritt (das Aufhängen des Papiers, das Wasserholen, das Aussuchen der Farbe) dazugehört und schon „Malen“ ist. Fünf Minuten sind besser als gar nichts.
Ich habe mir heute, müde vom Kurs, gesagt: Du musst nichts forcieren, hänge dein Blatt wieder auf, stelle deine Farben bereit, und wenn du müde bist, ist das für heute genug.
Dann habe ich mein Blatt wieder aufgehängt, meine Pinsel, ein Glas Wasser und ein leere Palette daneben gestellt – und bin Einkaufen gegangen.

Doch jetzt, wo ich wieder zurück bin und das Yoghurteis im Kühlfach steht, habe ich plötzlich eine unbändige Lust zu malen.
Und das tue ich jetzt und möchte euch alle einladen, mich diese Woche zu begleiten: Fünf Minuten am Tag malen, kleinen Schritt für kleinen Schritt – und wenn’s mehr wird, ist das nicht verboten! 🙂

In 1-2 Tagen berichte ich, wie es weiterging!