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Wie der Vogel singt

Über den Klimawandel nachgedacht

Vor ein paar Tagen war weltweiter Klimastreik, es ging (und geht) um die Umwelt, die schmelzenden Polkappen, die Temperaturveränderungen – und eine Menge mehr: Plastikreste im Meer (und in den Körpern von Fischen, Kindern, uns allen), Ackergifte im Grundwasser, Feinstaub in der Luft, ganze Bienenvölker, die absterben, Blüten, die nicht mehr bestäubt werden. Die Hälfte der Insektenpopulation verschwindet und die Vogelarten, die sich von ihnen ernähren, verschwinden gleich mit.

Ich lese Artikel und Berichte, höre von Menschen, die sagen, wir müssen etwas tun, und von anderen, die sagen, wieso, der Klimawandel ist doch nicht menschengemacht, das sind alles nur Märchen – wir können gar nichts tun.

Und ich alter Hippie – die ich schon vor 45 Jahren besorgt darüber war, wie wir mit unserem Planeten umgehen (und wie lange das noch gutgehen kann) – nehme die besorgten bis erregten und genervten Reaktionen der Menschen zum Anlass, um in mich zu gehen und meine derzeitige Position dazu mal wieder neu zu bestimmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da begegnet mir ein spannender Artikel von der buddhistischen Lehrerin Lama Willa B. Miller*, in dem sie meine Gedanken und Reflektionen so viel besser in Worte fasst, als ich es kann. Deshalb möchte ich ihn hier zitieren (von mir aus dem Englischen übersetzt und gekürzt):

Eine neue Weisheit einschalten
In Diskussionen über den Klimawechsel bedienen wir uns primär eines einzigen Wissensorgans – des Intellekts. Wir wollen wissen was geschieht, und warum es geschieht.
Unsere Reaktionen fallen jedoch kraftvoller und resilienter aus, wenn wir weitere Wissensmodi einbeziehen und einen begrifflich motivierten Aktivismus in einen Aktivismus des Herzens verwandeln.
Es gibt zwei alternative Wissensmodi, auf die sich die buddhistische Praxis und Meditation im Allgemeinen verlassen: Körperweisheit und nicht-begriffliche Weisheit.

Körperweisheit
Unserem menschlichen Körper zu begegnen bedeutet, der Natur zu begegnen. Je näher wir unserem Körper kommen, desto näher kommen wir der Realität unserer eigenen Wildheit. Das verbindet uns mit der Wildheit des Planeten, die wir schützen wollen.
Während der Kopf an Vergangenheit und Zukunft hängt, ist der Körper vollkommen gegenwärtig. Das ist eine seiner großen Weisheiten, die uns ganz einfach zur Verfügung steht. Sie ist uns so nahe, wie dass Ein- und Ausatmen. Unsere Gegenwart ist unsere stärkste Ressource.

Nicht-begriffliche Weisheit
Buddhistische Meditationen lassen uns auch das Leben jenseits des begrifflichen Denkens erleben. Wir erhalten Zugang zu einer non-dualen Art der Wahrnehmung. Die Illusion der Gerrenntheit wird  durchbrochen – und diese Illusion könnte einer der Ursachen der Krise sein, in der wir uns befinden.
Wenn wir nachhaltig leben wollen, müssen wir uns an die Vorstellung – nein, an die Realität – gewöhnen, dass wir alle aufs Engste miteinander verbunden sind. Meditation führt uns dorthin.

Wir können also im ersten Schritt
a) denken, uns eine Meinung bilden, uns informieren und diskutieren,
b) uns auf den Körper einstellen und in der Gegenwart spüren, fühlen, erleben. Berührt sein, Empfindungen zulassen, auf die Intuition lauschen, die Körperweisheit einladen.
c) Und wenn wir dieses fühlende Gegenwartsbewusstein in der Meditation und im Leben regelmäßig üben, erhalten wir einen Zugang zur nicht-begrifflichen Weisheit.

Zugang zur Kreativität
Dieses fühlende Gegenwartsbewusstein üben wir genauso beim Intuitiven Malen: Um uns für unsere angeborene Kreativität zu öffnen, müssen wir uns – am Denken vorbei – mit unserer Körperweisheit (Intuition) verbinden. Sie sendet uns Inspirationen und Signale, die uns beim Malen und anderen kreativen Ausdrucksformen den Weg weisen. Und sie lebt nur in der Gegenwart, in dem, wie es JETZT ist. Jeden Augenblick neu.

„Ich will malen, wie der Vogel singt“, sagte einst der französische Maler Claude Monet. Das wollen wir auch – und so üben wir, uns wie der Vogel oder das Kind ganz auf die Gegenwart und die Körperweisheit zu verlassen.

Je mehr wir dieser unmittelbaren Körperweisheit vertrauen und folgen, desto mehr wächst auch unsere non-duale Wahrnehmung: Wir entdecken unser Verbundensein mit allem und jedem, mit der schöpferischen Natur und allem, was von ihr beseelt ist – Tiere, Pflanzen, Wind, Regen und Sonne, Tag und Nacht, und allen Menschen, die ja auch eins mit ihr (und uns) sind.

Als Bonbon hier ein wunderbares Video,
das die Körper- und Herzensweisheit und das Gefühl von Einssein ganz leicht wecken kann, wenn man gerade empfänglich dafür ist.
Schaut’s euch an!
Mir hilft es auch, ganz leicht in den Kreativmodus umzusteigen, z.B. vor dem Malen. Vielleicht funktioniert das ja auch für euch. Und selbst wenn nicht – es zeigt auf eindringliche Weise das Wunder der Natur und ist einfach schön… 🙂

Dominik Eulberg, „Goldene Acht“  (Werbung am Anfang einfach wegklicken 🙂


Und was war noch gleich mit dem Klimawandel?

Als ich bei meiner Reflektion und Meditation über all diese Dinge wieder einmal wusste und spürte, dass ich untrennbar mit allem verbunden bin, sah ich zu meiner großen Erleichterung, dass ich keine intellektuelle Einstellung, keine „Meinung“ zum Klimawandel brauche.
Denn wenn ich mich auf die non-duale Erfahrunge einlasse, mit allem und jedem eins zu sein, taucht gleichzeitig eine zärtliche Liebe für dieses fragile Leben, diesen zerbrechlichen Planeten, diese schwebende und tanzende Natur in mir auf. Und das Bedürfnis, dieses vergängliche Wunder zu lieben und zu beschützen – was immer das jeweils für mich bedeutet. Meine Intuition wird es mir schon mitteilen.

Auf jeden Fall fühle ich mich in diesen wilden Zeiten dazu herausgefordert, zu allererst das zu tun, was mir Klarheit und Stabilität gibt: Meditieren, Malen, Lieben, die Angst immer wieder besiegen und meinem Herzen folgen.

 

 

Anmerkungen:

Lama Willa B. Miller –  Gründerin der Natural Dharma Fellowship in Cambridge USA,
Mitglied des  Council on the Uncertain Human Future

Dominik Eulberg – deutscher DJ und Produzent im Bereich Minimal Techno

Claude Monet französischer Impressionist,
allgemein bekannt durch seine Seerosen und seinen Garten in Giverny.