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Chaos & Ordnung, Teil 2

Das Chaos geht weiter

…  und ich merke, dass es gar nicht so leicht ist, ein Leben zu vereinfachen und einen ganzen Hausstand zu verkleinern. Unglaublich, wie viele Sachen man im Laufe der Jahre ansammelt!

Früher hatte ich jahrelang so wenige Dinge, dass ich von einem Moment auf den anderen umziehen, den Ort verlassen, woanders neu ankommen konnte – mit einem Formentera-Korb über der einen Schulter und einer Spiegelreflexkamera auf der anderen.
Später kamen dann die nötigsten Einrichtungsgegenstände dazu. Ich erinnere mich, wie ich mit Mitte 30 in Berlin zu meinem Freund zog: Im Kofferraum des Taxis meine Matratze, Handtücher, Bettwäsche, zwei Kisten mit Büchern, Kassetten und Malsachen, und auf dem Sitz neben mir ein Köfferchen mit Klamotten und Waschsachen, eine Grünpflanze und mein Kassettenrekorder. Ich glaube, das war’s.

Damals brauchte ich einfach nicht mehr. Beweglichkeit, Ungebundenheit und eine bestimmte Form von Freiheit war mir wichtiger.

Doch mit Anfang 40 begann ich mir eine selbstständige Existenz aufzubauen: Praxis, Wohnung, und alles was dazugehört. Das war zuerst nicht leicht! Bei jedem Gegenstand, den ich mir kaufte, überlegte ich tagelang, ob ich ihn wirklich brauchte. Was, wenn ich plötzlich umziehen, wegfahren, mein Leben ändern wollte? Je mehr Dinge ich hätte, desto schwerer würde es mir fallen!

Dann kam der Punkt, an dem ich mich entschied, sesshaft zu werden. Ich durfte mir alles kaufen, was ich brauchte, begehrte und mir leisten konnte.
Sicher, mit jedem Umzug (und ich zog immer noch sehr oft um) entsorgte ich eine Menge Kram, aber Neues kann dazu, mein Business wurde größer, mein Lebensraum auch, und mit dem zusätzlichen Platz drängten sich neue Dinge in mein Leben…

So wandelte ich mich von einer freien, ungebundenen Nicht-Besitzerin zu einem Menschen, dessen Leben inzwischen von einem Auto, Möbeln, einem ganzen Atelier plus Ausstattung für Kurse, einem Büro mit vielen Ordnern, einer kleinen Bibliothek, einem Computer mit Zusatzbildschirm, einem Abspielgerät für DVDs, Balkonpflanzen und -Stühlen und einer Menge anderem Kleinkram belastet ist. Was halt auf 120 m² so alles Platz hat…

Aus den 120 m² sollen jetzt 80 m² werden… und ich will trotzdem ein Atelier, einen Besprechungsraum, ein Büro, eine Küche, ein Bad und einen Wohnbereich für mich selber unterbringen. Das sieht dann zwischenzeitlich so aus (und treibt mich auf die Palme!):

Bild 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wellen

Heute erfuhr ich in den „Newslichtern“ vom Tod der wunderbaren Heidemarie Schwermer, die 14 Jahre lang ganz ohne Geld gelebt hat (hier nachlesen). Es gab auch einen Link zu einem Film von ihr, und den schaute ich mir an. Die Lebensweise, die da gezeigt wurde, erinnerte mich in vielem an meine Jugend.

Wäre es nicht toll, sagte ich mir, jetzt wirklich einen Schnitt zu machen, die Wohnung zu kündigen, alles zu verschenken (bis auf eine Matratze, ein Köfferchen, ein paar Bücher, Malsachen, Schreibzeug, Laptop, iPad und eine Grünpflanze), und da anzusetzen, wo ich mit Mitte 30 stand? Und mich dann langsam zu verkleinern, bis ein Formentera-Korb übrig bleibt?
Wer weiß, vielleicht geht es langsam in die Richtung!

Ich spürte die Wellenbewegung von Ungebundenheit zu Besitz zu Ungebundenheit: Lebensphasen äußerer Freiheit, Beweglichkeit, Abenteuerlust, – Lebensphasen mit Bergen von schönen, wichtigen, anregenden Dingen, viel „Sicherheit“, einer ganzen kleinen Firma, – und dann wieder Lebensphasen mit lockeren Füßen, Freiheit, Bewegung und unglaublicher Leichtigkeit.
Ja, vielleicht lasse ich nach und nach alles los (passt ja auch zu meinem Alter).

Aber hey! Stopp! Ich liebe mein Bett!
Und meinen Balkon.
Und den Kühlschrank mit den leckeren Vorräten, aus denen ich mir mittags leckere Mahlzeiten koche.
Und meine Kurse, für die ich auch so einiges brauche…

Tja, ich bin wohl noch nicht so weit!

Paro

 

 

 

 

 

 

 


Malen

Nichts entspannt mich in all dem Umzugschaos so sehr, wie das Intuitive Malen.
Das Atelier ist zwar ein einziger Müllhaufen, aber bis heute Abend räume ich einen Platz frei, an dem ich an mein unfertiges Bild aufhängen kann.
Dort werde ich jeden Tag ein wenig malen: Donnerstag (heute), Freitag, Samstag, Sonntag und Montag. Lauter Inseln der Gegenwart, der Freiheit, der Liebe – egal, wie es drumherum aussieht!

Und vielleicht regt das die eine oder den anderen an, aus der Ferne mitzumalen.

Ja, Ostern wird bunt!

Ich freue mich auf eure Berichte, Bilder, Fragen!

Diesen Beitrag widme ich dem Angedenken an Heidemarie Schwermer. Gute Reise, du freie Seele!

Mit Chaos leben

Ich liebe Ordnung:
Irgendwann in meinem Leben wurde mir klar, dass ich mit viel innerem Chaos gesegnet bin, und dass mir eine gewisse Ordnung gut tut, als Ausgleich.

Doch es gibt Zeiten, in das Chaos in meinem Leben größer ist, als alle meine Ordnungsbestrebungen.  Zeiten, in denen es mehr zu tun gibt, als ich realistisch schaffen kann: Ein Tag ist begrenzt, und meine Kräfte sind es auch (wer kennt das nicht?).

Dann versuche ich als Erstes aus alter Gewohnheit, das Chaos gar nicht wahrzuhaben. Ich mache einfach weiter wie vorher und wundere mich, dass ich immer hektischer werde. Ich beginne Dinge zu vergessen, bemerke, dass meine Wohnung immer unordentlicher wird. Ich merke, dass ich schon seit zwei Wochen keinen Blogbeitrag veröffentlicht habe, dass ich nicht zum Malen komme, dass die Zeiten, die ich mir für private Vergnügungen nehme, immer seltener und kürzer werden. Meine ganze schöne Ordnung geht verloren.

Als Zweites versuche ich dann meistens, mehr zu arbeiten, mehr zu erledigen, mich besser zu organisieren, um am Ende wieder mehr Ordnung zu haben und mich wohl zu fühlen.
Dann werden sogar der Spaziergang, die Meditation, das Treffen mit Freunden fest eingeplant und ich hake sie ab wie alle anderen Punkte.
Das hilft, ja, es hilft wirklich!
Aber wenn ich mit diesem Schritt zu lange warte, bringen mir die schön eingeplanten Freizeiten keine Freude. Ich bin zum Sklaven meiner Ordnungs-Erzeugung geworden und kann nicht aufhören, zu rattern und zu planen, und insgeheim auf die Uhr zu schauen.

Changes


 

Drittens werde ich in solchen Zeiten regelmäßig gezwungen, die Notbremse zu ziehen, indem ich zum Bespiel krank werde. Das ist nicht angenehm, aber irgendwie logisch: Wenn ich meine eigenen organischen Rhythmen täglich übergehe und nur noch einem „höheren“ Ziel – der Ordnung – diene, werden sich diese Rhythmen (hoffentlich) irgendwann melden und ihr Recht fordern.

Und Viertens lerne ich zum Glück dazu, und schaffe es manchmal sogar, freiwillig STOPP zu sagen und wieder mit mir in Einklang zu kommen! Ich bin mir sicher, jeder von euch kennt das ebenfalls. Und jeder von euch hat wahrscheinlich seine oder ihre Methoden, den Bann der blindencr Pflichterfüllung zu durchbrechen.
Ich mache das meistens so (und manchmal ganz anders 🙂

1) Ich freunde mich mit der Idee an, dass Chaos gar nicht so furchtbar ist.

2) Ich nehme in Kauf, dass die Welt zusammenbrechen könnte, wenn ich nicht „meine Pflicht“ tue (habe ich das wirklich geglaubt?).

3) Ich steige innerlich komplett aus, begebe mich auf eine völlig andere Ebene, auf der Ordnung und Chaos Freunde sind, die miteinander tanzen.

4) Ich genieße es, Dinge zu tun, für die ich eigentlich gerade „keine Zeit“ habe. Zum Beispiel, diesen Blogbeitrag zu schreiben.

5) Ich gehe wieder mal in mein Atelier und male. Heute Abend! (Ach ja, es ist ja sogar Dienstag).

Das Intuitive Malen duldet es nicht, wenn wir uns für oder gegen das Chaos, für oder gegen die Ordnung entscheide. Es duldet nicht, wenn wir versuchen, innerlich vor irgendetwas wegzulaufen. Es duldet nicht, wenn uns unsere Pläne wichtiger sind als die kostbare Realität.

Es will uns ganz, es will alles von uns
Es will alles von diesem Moment – unseren Atem, unseren Druck, unsere Angst, unseren Freude
Es will auch unser Chaos in all seiner unglaublichen Schönheit und Wildheit. (Und ja: auch unser Ordnungsbedürfnis und alles andere!)

 

Zum Abschluss eine Botschaft an alle „virtuellen Malfreunde“:
Heute Abend (Dienstag) werde ich mal wieder malen, und morgen ebenfalls. Und übermorgen beginnt ein Kurs, da wird das kreative Feld weiter gestärkt, bis Sonntag. 

Und alle, die lieber in Gemeinschaft malen und sich von einem gemeinsamen kreativen Energiefeld tragen lassen wollen, sind herzlich eingeladen, in der Ferne mitzumalen.

Für viele ist so eine Verabredung eine großartige Hilfe, um aus dem ewigen Pflicht-Modus auszusteigen und wieder in die weite, innere Welt zurückzufinden, in der auch das Chaos unser Freund wird.

Und ich freue mich natürlich wie immer sehr über eure Mails mit Rückmeldungen, Fragen, Fotos von eurem Malprozess und so weiter!