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…an den Brüchen entlang

Sell your cleverness
and buy bewilderment*
– Rumi

Neulich traf ich auf einem meiner täglichen Spaziergänge einen Freund, den ich lange nicht gesehen hatte. Ich freute mich und wir blieben stehen und unterhielten uns über das Wetter, unsere Arbeit, wie es uns so geht. Ein munter plätscherndes Gespräch, das wir beide gerade mit dem Gefühl, uns mal wieder nett unterhalten zu haben, beenden wollten, als er sich kurz räusperte und noch einmal ansetzte.

Er erzählte von einem Tod in seiner Familie und der fortgeschrittenen Krebserkrankung einer Freundin, und es war zu spüren, wie hilflos und erschüttert er sich fühlte. Ich nickte, war selbst überwältigt und wusste nicht, was ich sagen sollte. Alle Worte, die auftauchten, klangen einfach nur platt, besänftigend und belehrend. „Loslassen. Vertrauen. Liebe senden. Heilung senden.“ Blablabla.
Einfach mal in den Arm nehmen ging auch nicht.

Schnell verabschieden und weg? Das fühlte sich an, als hätten wir einen Riesenberg Gewölle auf dem Weg liegen lassen – all die unausgesprochenen Gefühle, der hilflose Wunsch, mit 2-3 passenden Worten alles wieder gut zu machen. Heile heile Segen…
Also standen wir uns ein, zwei Minuten verlegen gegenüber, er oder ich sagte „Na, dann…“ und wir  gingen auseinander.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das war ja unerträglich dachte ich, als ich wieder zuhause war. Ich konnte sie noch spüren, diese Verdichtung von Leben, von Fühlen, von Gegenwart. Diese intensiv-greifbare Energie, die uns überforderte. Und hatte den Impuls, an meinen Malplatz zu gehen, ein neues Blatt aufzuhängen, mich kurz zu zentrieren und loszulegen. Ausdrücken. Alles in Bewegung bringen.
Doch es gab zu viel zu tun und ich schob den Impuls beiseite, machte mir einen Kaffee und setzte mich an den Computer, um Mails zu beantworten. Alles klar, das Leben geht weiter.

Aber den ganzen Tag verfolgte mich das Gefühl, etwas verpasst zu habe. Das war einer von diesen besonderen Momenten, dachte ich, und ich habe ihn mit Routine-Beschäftigungen vergeudet.
Dabei weiß ich doch, dass wir genau in solchen hilflosen, sprachlosen Momenten ganz nahe an einer Lücke stehen, an einem Riss, einem Bruch im scheinbar glatten Gewebe des Lebens! An einem dieser Orte, wo laut Leonhard Cohen „das Licht durchkommt.“

 

Und ich weiß auch, dass solche Lücken eine Einladung sind,
bewusst einen Schritt vom Kopf in die wortlose Welt des Herzens zu tun
und sich tiefer auf das Leben einzulassen.

Beim Malen, beim Meditieren und bei allem spontanen schöpferischen Tun sind wir immer wieder eingeladen, einen solchen Schritt in das Herz zu tun. Wir üben, nahe an den Lücken verweilen ohne sie weghaben zu wollen, zu verdrängen oder zu dramatisieren.
Wir üben, uns ihnen zu nähern, sie zu erforschen, uns von ihren dichten Energien leiten zu lassen. Ihre Nähe befeuert und lenkt den schöpferischen Prozess, weckt unsere Lebendigkeit, schärft unser Bewusstsein. Knoten lösen sich, wenn wir bereit dazu sind, und das Licht kommt durch.

Ja, dachte ich, ich hätte  meinem Freund anbieten können, mal gemeinsam zu malen. Oder zu meditieren. Oder eine Heilungs-Meditation für die ihm nahen Menschen zu machen. Aber ich hatte diese starke Energie nicht ausgehalten. Sie war mir fast peinlich. Als ob eine solche Energie nur zwischen Liebenden erlaubt ist.

Aber sind wir nicht alle Liebende, werden wir nicht alle von dem Licht, das durch die Lücken strömt, dazu gemacht? Wenn wir es bewusst erlauben?

Plus

Ein Hinweis für euch:
Gemeinsam malen

Vor kurzem zelebrierten wir den Abschluss des letzten Meisterkurses.
Er fand trotz meiner anfänglichen Bedenken online statt, und wir durften erleben, dass die Verluste (kein gemeinsamer Malraum, keine Spaziergänge am See in den Pausen, keine Mahlzeiten am See mit Gesprächen beim Kaffee, keine Umarmungen, kein gleichzeitiger „Urlaub am Staffelsee“ um nur einige zu nennen) zu großen Teilen durch ganz neue, wunderbare Möglichkeiten aufgewogen wurden:

Zwischen den Wochenenden gab es mehrere Abend-Meetings, bei denen wir das Gelernte, das Erlebte und die gemeinsame Energie vertiefen konnten. Egal, wie weit entfernt von einander wir lebten. Außerdem gingen alle Teilnehmerinnen darauf ein, sich regelmäßig online mit einer oder mehreren Malpartnerinnen zum Malen zu treffen.
Und diese Maltreffs wurden so wichtig für alle, dass sie sogar jetzt – nach dem Kurs –  weiterbestehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Etwas, das ich mir nach jedem Meisterkurs gewünscht hatte, wurde wahr: Ein kleines Netzwerk wuchs und wächst heran, wunderbare Dinge geschehen – obwohl sich viele der Teilnehmerinnen nie persönlich getroffen haben.
Dass auch online so viel Resonanz entstehen kann, war eine beglückende Entdeckung: Es wurde spürbar, dass wir wirklich in einem großen Ganzen verbunden sind, in einem kreative Feld, das auch auf die Entfernung für alle ganz real und spürbar und wirkungsvoll war und ist.
Alles, was es brauchte war, sich dieser (für uns Menschen eigentlich völlig natürlichen) Ebene des Seins und Erfahrens zu öffnen.

Beim Intuitiven Malen üben wir, diesen „Zugang in die Zauberwelt“ besser zu verstehen und vor jeder Sitzung aktiv wiederherzustellen. Und spätestens in den Online-Kursen wird den meisten bewusst, dass es sich bei dem kreativen Feld, das wir miteinander teilen, nicht um ein Konzept handelt, das unsere Kunst „künstlerischer“ und uns zu „besseren Menschen“ macht, sondern um eine grundlegenden Realität des All-Verbunden- und Verpflichtetseins (Inter-Being) – eine Einladung in eine lebendigere und freiere Art zu leben und zu schaffen. Über alle Grenzen hinweg.

 

Also: Verabredet euch zum gemeinsamen Malen!
Wenn ihr nicht wisst, wie das klappen kann, kommt zuerst zu einem meiner Malabende. Da könnt ihr live erleben und spüren, ob und wie es für euch funktioniert.
In meinem neuen Newsletter (und bald auch auf meiner Website) informiere ich über die Termine.

 

*veräußere deine Schlauheit
und kaufe Erstaunen.
Rumi

Copyright der Bilder: Paro