Archives for August 2014

enjooooy!

Aus dem Frühsommer ist Spätsommer geworden, eine neue Meditation und eine neue Schreibübung sind fällig. Doch als ich die Frühsommermeditation noch einmal durchlesen, merke ich, dass sie sie nicht gerne löschen möchte. Sie gefällt mir, denke ich, man kann sie immer wieder lesen und beherzigen.
Und deshalb darf sie jetzt hier erscheinen, als Blogeintrag, der anschließend archiviert wird:

In einem seiner Vorträge spricht der Weisheitslehrer Thich Nhat Hanh über eine Gehmeditation mit einer großen Gruppe Menschen in der Natur. Er erzählt, wie viel Freude er empfand, als er die Blüten an den Bäumen sah, den Wind roch, das Leben spürte. Alles war frisch, alles war lebendig und jeden Augenblick neu, und die meisten Meditierer lächelten vor sich hin. We enjoooyed it so much!, sagt er in dem Vortrag und seine Worte transportieren die Freude, die entstehen kann, wenn man einfach langsam, Schritt für Schritt in der Natur geht, ohne Eile, bewusst spürend und atmend.

Er erzählt dann weiter, dass neben ihm ein Journalist ging, komplett mit Kameras und Schreibblock, der dort war, um einen Artikel zu schreiben. Der Mann schien gehetzt, unruhig, vielleicht sogar verärgert über dieses langsame Gehen: Er hatte etwas wichtiges zu erledigen und konnte nur daran denken. He couldn’t enjoooy it…he only thought of his article (er konnte es nicht genieeeßen, er dachte nur an seinen Artikel) sagt Thich Naht Hanh sinngemäß in seinem Vortrag.

Diese Bemerkung blieb bei mir haften: Wie oft laufe ich durch die Gegend wie dieser Journalist, immer auf die nächste Aufgabe konzentriert, unfähig zu genießen, zu spüren, zu erleben!
Seitdem halte ich oft beim Spazierengehen inne (und auch beim Einkaufen, beim Autofahren, bei einem Gespräch mit einem Freund und im Gewühl der Kaufinger Straße in München), und frage mich: Do you enjoooy?“ Und dieses Nachfrage (ich höre dabei die Stimme von Thich Nhat Hanh) bringt mich jedes Mal zur Raison! Plötzlich spüre ich die Kostbarkeit des Lebens, meines Lebens, dieses einzigartigen Moments – und bin dankbar, glücklich, präsent.

Die Meditation: Frage dich auf dieselbe Weise mindestens einmal am Tag: „Bin ich mir gewahr, wie kostbar dieser Moment ist? Wie unwiederbringlich? Wie fragil und voller Wunder? Bin ich bereit, mein Herz einzuladen und zu genießen? Do I enjoooy?“

Experimentiere mit verschiedenen Situationen. Mit der Zeit wirst du erleben, dass (und wie) man das Leben genießen kann, so, wie es gerade ist. Wenn man es nur will.

schöne Bilder malen

Mein Horoskop diese Woche in der Gala (sinngemäß): Das werden kreative Tage! Malen Sie ein Bildchen, schreiben Sie ein Gedicht, melden Sie sich bei der VHS an.

Ich lese das, und muss lächeln. Ja, allein schon die Vorstellung, ein Bildchen zu malen oder ein Gedicht zu schreiben, macht glücklich. Ein Blatt Papier, ein paar Buntstifte, etwas Inspiration und genug Zeit, um zu träumen. Davon könnten wir nie genug haben…
Und – warum tun wir es dann so selten?

Unsere Vorstellung von Kreativität (Spielen, bunte Sachen machen, glücklich sein, wenn etwas Schönes entsteht) erfüllt sich nur selten, wenn wir uns endlich einmal hinsetzen und zu den Farben greifen. Stattdessen fühlen wir uns oft eher hilflos, uninspiriert und frustriert. Was ist da passiert?

Kann es sein, dass wir unsere Vorstellung, wie es sein sollte, wichtiger nehmen, als den gegenwärtigen Moment? Dass uns das Ergebnis – das hübsche Bildchen, das begehrte Glücksgefühl, das Spielen, so, wie wir es uns vorstellen – wichtiger ist als unsere gegenwärtige Erfahrung? Als das, was jetzt schon da ist?

Kreativität verbirgt sich in dem, was jetzt schon da ist. Sie ist ist einer Abenteuerreise in das unerforschte Jetzt. Eine Begegnung mit Inspiration und  Leere, mit Monstern, Feen und Engeln, mit wilden, kraftvollen Energien und Zeiten der Langeweile: alles wird umarmt, alles wird erlebt, alles darf den Ausdruck prägen. Kreativität ist wildes, offenes Leben. Ein Ja zu allem, was ist. Und ein Fließen mit dem, was als nächstes daraus entstehen will – immer wieder etwas Neues.

Das heißt, wir picken nicht nur die Rosinen aus dem Leben – das schöne Bildchen die vorgestellte glückliche Erfahrung – sondern nehmen den ganzen Kuchen, essen ihn und lassen unsere Erfahrung mit in die nächste Form, den nächsten Ausdruck, die nächste Geschichte fließen.

Klingt interessant? In meinem neuen Buch „Love To Create“ erzähle ich mehr darüber, gebe viele Übungen und versuche, die kreative Erfahrung erlebbar zu machen, häppchenweise, praktisch, anregend. Und ich freue mich über Rückmeldungen von Lesern!

Meine neue Sekretärin

Wie mühsam es doch ist, wenn eine Frau, die normalerweise mit zwei Fingern tippt, sich das Handgelenk bricht. Nur noch ein Finger übrig.
Kein Wunder, dass meine Besuche hier im Blog sehr selten geworden sind…  doch das wird sich ändern: Meine neue Sekretärin ist da!

Seit Jahren liegt hier ein Diktierprogramm herum, das ich ab und zu bei Übersetzungen verwendet habe – leider ohne viel Erfolg. Ich war ungeduldig, das Programm streikte, der Computer stürzte ab.
Doch jetzt, wo ich seit Monaten Geduld lerne, langsam werde, in einer anderen Zeit lebe, hat sich überraschend Harmonie eingestellt. Das Programm folgt meiner Sprache wie eine geduldige, gut ausgebildete Sekretärin, und ich lerne, meine Gedanken frei in den Raum zu sprechen. Wunderbar.

So sitze ich hier, schaue hinaus auf den Nebel, der aus den Bergen aufsteigt und lasse die Worte fließen. Völlig neue Möglichkeiten tun sich auf, und ich bin gespannt, was meine Sekretärin und ich noch alles aushecken werden!

(Übrigens: das Programm heißt Dragon Dictate)