enjooooy!

Aus dem Frühsommer ist Spätsommer geworden, eine neue Meditation und eine neue Schreibübung sind fällig. Doch als ich die Frühsommermeditation noch einmal durchlesen, merke ich, dass sie sie nicht gerne löschen möchte. Sie gefällt mir, denke ich, man kann sie immer wieder lesen und beherzigen.
Und deshalb darf sie jetzt hier erscheinen, als Blogeintrag, der anschließend archiviert wird:

In einem seiner Vorträge spricht der Weisheitslehrer Thich Nhat Hanh über eine Gehmeditation mit einer großen Gruppe Menschen in der Natur. Er erzählt, wie viel Freude er empfand, als er die Blüten an den Bäumen sah, den Wind roch, das Leben spürte. Alles war frisch, alles war lebendig und jeden Augenblick neu, und die meisten Meditierer lächelten vor sich hin. We enjoooyed it so much!, sagt er in dem Vortrag und seine Worte transportieren die Freude, die entstehen kann, wenn man einfach langsam, Schritt für Schritt in der Natur geht, ohne Eile, bewusst spürend und atmend.

Er erzählt dann weiter, dass neben ihm ein Journalist ging, komplett mit Kameras und Schreibblock, der dort war, um einen Artikel zu schreiben. Der Mann schien gehetzt, unruhig, vielleicht sogar verärgert über dieses langsame Gehen: Er hatte etwas wichtiges zu erledigen und konnte nur daran denken. He couldn’t enjoooy it…he only thought of his article (er konnte es nicht genieeeßen, er dachte nur an seinen Artikel) sagt Thich Naht Hanh sinngemäß in seinem Vortrag.

Diese Bemerkung blieb bei mir haften: Wie oft laufe ich durch die Gegend wie dieser Journalist, immer auf die nächste Aufgabe konzentriert, unfähig zu genießen, zu spüren, zu erleben!
Seitdem halte ich oft beim Spazierengehen inne (und auch beim Einkaufen, beim Autofahren, bei einem Gespräch mit einem Freund und im Gewühl der Kaufinger Straße in München), und frage mich: Do you enjoooy?“ Und dieses Nachfrage (ich höre dabei die Stimme von Thich Nhat Hanh) bringt mich jedes Mal zur Raison! Plötzlich spüre ich die Kostbarkeit des Lebens, meines Lebens, dieses einzigartigen Moments – und bin dankbar, glücklich, präsent.

Die Meditation: Frage dich auf dieselbe Weise mindestens einmal am Tag: „Bin ich mir gewahr, wie kostbar dieser Moment ist? Wie unwiederbringlich? Wie fragil und voller Wunder? Bin ich bereit, mein Herz einzuladen und zu genießen? Do I enjoooy?“

Experimentiere mit verschiedenen Situationen. Mit der Zeit wirst du erleben, dass (und wie) man das Leben genießen kann, so, wie es gerade ist. Wenn man es nur will.