Archives for Dezember 2014

Malen statt Böller

Die neunte Rauhnacht – Reisen

Von den Büchern, die mich durch die Rauhnächte begleiten sollten und die ich schon bald in den Schrank packte (und später wieder hervorholte), ist ein einziges übrig geblieben: Die Rauhnächte als Quelle der Ruhe und Kraft. Es enthält hauptsächlich zwölf Fantasiereisen und ich mache jetzt jeden Tag eine andere – suche sie aus wie Tarotkarten, rein intuitiv – und fühle mich jedes Mal immens bereichert.

Ich mag eigentlich keine Fantasiereisen, bei denen so viel vorgegeben ist, wie bei diesen. Doch sie reizten mich. Jetzt habe ich mir das Buch schon mal gekauft, dachte ich, kann ich es auch genauso gut ausprobieren. Und das tat ich, und stelle erfreut fest, dass mir jede Reise einen klaren Spiegel für etwas lieferte, was mich im Innersten bewegte: Unbewusste Sehnsüchte, Ängste, Vorstellungen und Muster, die sonst nicht so leicht ans Bewusstsein gelangen.

Gleichzeitig führten mich diese Reisen immer wieder in die Weite der Gegenwart – den Ort, wo sich Muster lösen und neue Wege erkennbar werden. Schön!

Ich werde das Buch auch im neuen Jahr weiter verwenden – es eignet sich nicht nur für die Rauhnächte. Wenn die Reisen kürzer wären, würde ich jetzt eine von ihnen hier vorstellen. Stattdessen empfehle ich euch das Buch, es ist nicht teuer. Und ich werde in meinen Kursen öfter Fantasiereisen machen als bisher.
Ich hatte einfach vergessen, wie wirksam und erfüllend sie sind!


Die zehnte Rauhnacht – Gemeinschaft

In meiner Morgenmeditation werden mir plötzlich all die Menschen bewusst, die mein Leben im vergangenen Jahr berührt, bereichert, aufgerüttelt und überhaupt erst möglich gemacht haben. Es ist, als hätte der Raum, in dem ich sitze keine Wände und als sei ich mit lauter goldenen Lichtfäden mit jedem verbunden, der irgendwie wichtig für mich war.

Ich sehe Szenen aus meinem Alltag – im Supermarkt, in einem Seminar, im Auto auf der Straße, bei einem Gespräch – lauter Momente von Verbundenheit.
Bei dem Gespräch sitze ich mit einer Freundin an einem Cafétisch und die Bedienung tritt an unseren Tisch und nimmt die Bestellung auf.

Auch sie ist Teil des goldenen Netzwerks – und der Bäcker, der den Kuchen gebacken hat, die Kaffeepflückerin in Costa Rica, die Leute vom Wasserwerk und die Porzellanmanufaktur, in der von vielen Menschen in verschiedenen Arbeitsgängen die Teebecher und Kaffeetassen hergestellt wurden. Je genauer ich hinschaue, desto mehr Menschen haben zu diesem entspannten Kaffeehausbesuch beigetragen.

Der Gong erklingt, meine Meditation ist zu Ende und ich stelle meine nackten Füße auf den kalten Holzboden neben meinem Bett, ziehe mir eine Decke über die Schultern und gehe ins Bad, um heiß zu duschen und mir die Haare zu waschen. Das Gefühl, in einem riesigen Netzwerk von Menschen gehalten und geborgen zu sein, bleibt bestehen, als ich die Tür öffne, vor dem Spiegel stehe, meinem zerknautschten Morgengesicht zugrinse.
Da höre ich Blasmusik in der Ferne…  Ach ja! Es geht auf Silvester zu und die Uffinger Blaskapelle ist unterwegs, um vor jedem – wirklich jedem – Haus im Ort ein Ständchen zu bringen. Das sind so viele Häuser, dass die gesamte Übung zwei ganze Tage dauert.

Zwei Tage lang ziehen die Musikanten in zwei oder drei Zehnergruppen durch den Ort, die große Trommel auf einem Wägelchen wie ein fettes Baby, und alle nur in Trachtenjacke, Kniebundhose aus Leder, Strickstrümpfen und hübschen Schuhen, obendrauf ein Hütchen. Viele ohne Handschuhe, um besser spielen zu können. Und das bei -4°C.

Ich bin kein besonderer Fan von Blasmusik, doch wenn die Musikanten vor meinem Haus stehen und auch mich einbeziehen in dieses goldene, aus Musik gewobene Netzwerk, das alle Häuser hier am Ort miteinander verbindet, laufen mir die Tränen. Die Fantasiereise, die ich heute mache, heißt „Gesellschaft“, und sie ist genau richtig für alles, was mich gerade bewegt. Nur der Name passt mir nicht und ich nenne sie stattdessen „Gemeinschaft“.

Probiert sie aus, falls ihr das Buch habt!
Und falls nicht, hier ein paar Fragen, die ihr euch stellen könnt:

Wer hat mein Leben im vergangenen Jahr berührt – auf welche Weise auch immer?
Welche Menschen sind daran beteiligt, dass ich essen, trinken, in einem geheizten Haus wohnen, Bücher lesen, auf einer gepflasterten Straße fahren und im Supermarkt Blumen kaufen kann?

Das Netzwerk, das uns trägt, ist unendlich groß…
Zum Jahresende könnte es eine gute Idee sein, all diesen Menschen innerlich zu danken.
Genauso gut können wir das aber auch zum Jahresanfang tun:  Dankbarkeit ist ein guter Begleiter am ersten Tag des Jahres – und an allen weiteren Tagen.

Die elfte Rauhnacht –  Malen statt Böller

Das Bild, an dem ich male – und das ich am liebsten zum Jahresende fertig haben wollte –  wird zu einem Abschlussbild für die zwölf Rauhnächte und für das vergangene Jahr.
Morgen werde ich es hier posten, und gleich werde ich daran weitermalen.

Ich bin ein Partymuffel, besonders, wenn es um vorgeschriebene Feste wie Weihnachten, Geburtstag, Silvester geht: Meine liebste Art, Silvester zu verbringen, bestand in den vergangenen Jahren darin, extra früh ins Bett zu gehen und mich, wenn es draußen zu knallen beginnt, erleichtert in die Kissen zu schmiegen: „Ein Glück, ich muss nicht raus in die Kälte!“

Doch langsam ist diese Feierversion abgenutzt, ich habe Lust auf etwas Neues, möchte heute Abend gerne malen, heiße Schokolade trinken und um Mitternacht meine Spikes unter die Schuhe schnallen, den wattierten Mantel und die neuen, bunten Stulpen anziehen, die ich zu Weihnachten bekommen habe, und auf meinem eingeschneiten Balkon dem Lärm lauschen, der von den Alpen zurückhallt, und staunen, wenn vor dem dunklen Himmel leuchtend bunte Blumen erblühen. Und mich verbunden fühlen… Auch mit jedem von euch, der diesen Blog liest, vielleicht auch malt, schreibt, auf jeden Fall träumt und lebt, und ich werde euch allen danken.

Wie schön, dass wir zur gleichen Zeit auf diesem verrückten Planeten zusammengekommen sind und dieses kurze, kostbare Leben miteinander teilen – strahlend und vergänglich wie die leuchtenden Blumen am Himmel.
Mögen wir dieses Wunder im kommenden Jahr immer wieder erkennen, würdigen und feiern!

Motivation und Neugier

Die siebte Rauhnacht – Motivation

Heute entdeckte ich bei Amazon zwei Bücher von Natalie Goldberg, die ich noch nicht kenne. Natalie ist seit Jahrzehnten als Lehrerin für kreatives Schreiben bekannt – auch ich wäre ohne ihre Bücher  nie in die Gänge gekommen.
Was Michele Cassou mir in Bezug auf das Malen gab, erhielt ich von Natalie in Bezug auf das Schreiben.
Beiden fühle ich mich sehr verwandt: Michele schreibt auch Bücher, und Natalie hat vor einigen Jahren neben dem Schreiben das Malen für sich entdeckt. Worte und Farben – eine Einladung zu unverhofften Abenteuern, großartigen Entdeckungen und immer wieder Freude. Die Freude an dem, was durch uns strömt und die Weite und Tiefe unserer Seele spiegelt.

Die Bücher von Natalie habe ich natürlich sofort bestellt, und spüre schon jetzt dieselbe freudige Erregung wie damals, vor mehr als 20 Jahren, als ich ihre Bücher zum ersten Mal entdeckte.

Damals kam ich trotz verschiedener Anregungen und Kurse mit meinem Schreiben nicht voran – doch ich gab nicht auf.

Auch mit dem Malen hatte ich Schwierigkeiten: Nur zu schnell kam bei jedem Bild der Punkt, wo mich der innere Kritiker zur Schnecke machte und ich die Lust verlor. Doch ich blieb dran – und die Bücher von Natalie und Michele (und viele wunderbare Kurse, an denen ich teilnahm) halfen mir, bei der Stange zu bleiben.

Und heute?
Heute ist das Malen ein großartiges Abenteuer für mich, ein einziger Quell der Entdeckungen und der Freude.
Und was das Schreiben angeht: Ich habe drei Bücher veröffentlicht und  schreibe Artikel und viele andere beglückende Texte (wie jetzt diesen Beitrag). Es lohnt sich also, dranzubleiben!
Es lohnt sich, immer wieder Kurse mitzumachen, Bücher zu lesen, einen neuen Text zu beginnen, ein neues Bild anzufangen – und sich alle Hilfe zu holen, die man bekommen kann. Genau wie ich es gemacht habe, und immer noch tue.
Wir brauchen einander als Motivation, zur Unterstützung, zur Anregung und als Zeugen unserer spannenden inneren Prozesse.

Und ich weiß, wenn ich Natalies neue Bücher aus der Verpackung geholt und neben mein Bett gelegt habe, um jeden Abend ein paar Seiten zu lesen, werde ich mich wieder fühlen wie der Anfänger, der ich bin und hoffentlich immer bleiben werde: Offen, in jedem Moment etwas Neues zu lernen, mich weiterzuentwickeln, bei Null anzufangen.

Im Land der Kreativität brauchen wir die Erkenntnis, dass wir immer wieder am Anfang stehen, dass jeder Augenblick neu ist, dass in jedem Augenblick Wunder und Inspirationen zu uns kommen können, wenn wir offen sind. Und wir brauchen die Motivation, wie kleine Kinder, die gehen lernen, immer wieder aufzustehen und einen neuen, aufregenden Schritt in die bunte Welt zu wagen. Selbst, wenn wir tausendmal blockiert waren – es geht immer weiter…


Die achte Rauhnacht – Neugier

In einem der Bücher über die Rauhnächte (ja, ich habe es wieder aus dem Regal geholt 🙂  gibt es für die achte Nacht eine Fantasiereise zum Thema Neugier.
Wie passend!

Ich mache die Reise und spüre das Glück des Kindes, das etwas Neues entdeckt.
Den Abenteurer in mir, der – ganz gleich, wie weit ich schon gekommen bin – immer weiter forschen mag. Der nie müde wird, den jeweiligen Augenblick in seiner Einzigartigkeit und mit seinen Farben, seinen Geschichten, seinen Empfindungen und seinen Geheimnissen voller Interesse zu ergründen – und aus diesem Reichtum immer wieder einen neuen Ausdruck entstehen zu lassen: Neue Worte, neue Bilder, neue Kurs-Inhalte, neue Angebote.

Diese Neugier ist das Gegenteil von Lethargie – genau der richtige Weckruf nach all den Keksen, Stollen, warmen Zimmern und dicken Kissen der letzten Tage.

Und für alle, die ihre
Motivation und ihre
Neugier aktivieren wollen,
hier ein paar Fragen, die ihr euch stellen könnt:

Was wollte ich immer schon mal tun? Wohin zieht mich meine Sehnsucht?
Bin ich es mir wert,
meine Motivation darauf zu richten,
mir im Neuen Jahr Unterstützung zu holen, um meine Träume zu verwirklichen,
und immer wieder aufzustehen, wenn mich  der innere Kritiker einholt und mir erzählt, das sei nichts für mich?

Welche Assoziationen weckt das Wort Neugier in mir?
Ist es mir erlaubt, mich als Anfänger zu fühlen und so neugierig zu sein wie ein Kind?
Wann habe ich das letzte Mal einen neuen Menschen kennen gelernt?
Bin ich bereit, mich im neuen Jahr voller Neugier auf das Malen, das Schreiben, oder einen anderen kreativen Ausdruck einzulassen, der mich immer schon reizt?
Sind mir meine Neugier und meine Spielfreude wichtiger als die alte, angestaubte Vorstellung des inneren Kritikers, ich müsste perfekt sein?

Alles von selbst

Die fünfte Rauhnacht

OHNE WORTE

 

 

Die sechste Rauhnacht

Heute bin ich froh, dass ich mir vorgenommen habe, die zwölf Rauhnächte dieses Jahr bewusst zu zelebrieren. Es entwickelt sich zwar anders, als ich dachte, aber das ist ja bei fast allem so, was man plant.

Was mich besonders froh macht, ist der Zuwachs an Achtsamkeit und Präsenz auf dieser Reise durch die dunkle Zeit. Seit ich die Karten und Bücher rausgeschmissen habe, bin ich gefordert, jeden Tag und an jedem Punkt meine eigenen Landkarten zu verwenden, und die entstehen immer neu in der Gegenwart. Das ist wie beim Intuitiven Malen, wo wir üben, jenseits von Regeln und Vorgaben immer wieder unserer Intuition zu folgen. Und damit das gelingt, müssen wir achtsam sein – wach, offen, mit allen Sinnen in der Gegenwart, dort, wo unsere Seele zu uns spricht.

Anders gesagt: Eine freie, kreative Reise durch die Rauhnächte (und durch jeden anderen Tag)  klappt nur, wenn wir bemerken, beobachten, spüren und darauf eingehen, was jeweils in uns auftaucht. Das ist  wie eine Art Meditations-Retreat mitten im täglichen Leben, eine Übung in Aufmerksamkeit und Akzeptanz:
– Die Aufmerksamkeit, die nötig ist, um die spezielle Qualität eines jeden Tages zu bemerken
– und die Akzeptanz, die alles, was auftaucht, nicht gleich bewertet oder verurteilt, sondern interessiert zur Kenntnis nimmt. Wie zum Beispiel gestern das tiefe Bedürfnis, den ganzen Tag einfach nur auf dem Sofa zu sitzen und Zeitung zu lesen.

Und dasselbe gilt beim intuitiven Malen, beim kreativen Schreiben und bei allen kreativen Betätigungen: Es geht um

Aufmerksamkeit (Achtsamkeit) und
Annehmen (dessen, was auftaucht),
Nur, dass in der Kreativität noch etwas hinzukommt:
– Das Ausdrücken (Das Form-Geben, das Spielen, Experimentieren, sich vom kreativen Fluss leiten lassen…).

Und so beobachte ich erfreut, dass nach einem faulen Tag auf dem Sofa heute die Lust auftaucht, zu schreiben, zu malen, kreativ zu sein. Sie kommt immer wieder von selbst, man muss nur darauf vertrauen…

Ich wünsche euch viel Freude beim Malen und Schreiben,
und viel Freude an den Entdeckungen und Enthüllungen der Rauhnächte…