Archives for August 2015

Ein großes kreatives Feld

Seit dem letzten Blogbeitrag wehen mir die verschiedensten Mails zum Thema Kampf, Schweinehund und Tanz ins Haus. Das ist ein „großes Feld“, wie man so schön sagt, es hat viele Wäldchen, dunkle Schluchten, Blumenwiesen und Weizenfelder. Und wenn wir kreativ sind (oder sein wollen), müssen wir lernen, uns auf diesem Feld zurechtzufinden.

Um auf eure Fragen und Berichte zu reagieren und auch, weil mich dieses Feld im Moment geradezu magisch anzieht, werde ich dort einige Exkursionen unternehmen. Heute wieder auf der Suche nach den geheimen Schlachtfeldern, auf denen die ewig gleichen Kämpfe ausgetragen werden.

Während ich das schreibe, fallen mir die japanischen Soldaten ein, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf einer Dschungel-Insel noch mehrere Wochen tapfer weiter kämpften, weil sie nicht erfahren hatten, dass der Krieg zu Ende war.

Dasselbe passiert uns ständig beim Malen und beim Schreiben. Das Gefühl, kämpfen oder uns anstrengen zu müssen ist so tief verwurzelt, dass alle Nachrichten über inneren Frieden, Freude am Tun, entspanntes Geschehen-Lassen immer wieder an uns abperlen, uns nicht überzeugen oder nicht wirklich erreichen.

Was außerdem passiert, ist, dass wir wahre Entspannung, inneren Frieden und Freude am Tun/Sein oft nicht unterscheiden können von der alt eingewurzelten Tendenz, uns zu betäuben, abzuschotten und einzulullen, um zu „entspannen“.

Hier der Auszug aus einer Mail, die mir eine meiner derzeitigen Meisterschülerinnen schrieb. Das Thema Kampf/Freiheit hatte sie dermaßen gepackt, dass sie ein einem Seminar über den „inneren Schweinehund“ teilnahm. Was sie unter anderem erfuhr:

SchweinehundDie Charakteristik des Inneren Schweinehundes:

Er ist ein Genussschwein: Will die sofortige Bedürfnisbefriedigung und ist Experte für Angenehmes.

Er ist eine faule Sau (entschuldige, aber so war die Beschreibung): Vermeidet jede Anstrengung.

Er ist ein Experte im Vermeiden.

Er ist ein feiger Hund: Orientiert sich an Altem, Bewährten, ist eine konservative Kraft.

 

 

Was hier der innere Schweinehund genannt wird, ist unsere eingefleischte Tendenz, Trost, Entspannung oder Sicherheit zu suchen, indem wir uns von dem, was wir gerade wirklich in unserem Inneren spüren und erleben, ablenken.
Dann lullen wir uns mit irgendeiner automatischen Beschäftigung ein: Stundenlang Patience spielen, zwanghaft Sport treiben, dösig fernsehen, etwas Beliebiges lesen und so weiter.
Und verlassen uns damit selbst.
Wobei nicht die Beschäftigungen selbst das Problem sind, sondern die Tatsache, dass wir uns ausblenden, nicht wirklich da sind, unterschwellig Schuldgefühle haben.

Und der „innere Schweinehund“ ist keineswegs Experte für Angenehmes. Denn solche Ablenkungen fühlen sich zwar kurzfristig „angenehm“ an, führen aber in Wirklichkeit zu Selbstablehnung, unterdrückten kreativen Impulsen und einem Leben auf Sparflamme.

Allesamt keine guten Zutaten, um unser kostbares Leben kreativ zu leben.

Die Tendenz, uns einzulullen und abzuschneiden, ist tief verwurzelt und machtvoll. Sie ist der Nährboden für Süchte und selbstzerstörerische Gewohnheiten. Sie hält uns auch vom Malen ab, wenn wir ihr zu viel Macht geben.
Doch ich mag sie nicht als unseren „inneren Schweinehund“ bezeichnen.
Und wir müssen auch nicht „gegen sie kämpfen“.
Es reicht, einfach wahrzunehmen, was wir tun und liebevoll und humorvoll „Neue Spuren zu legen“.

Wir beobachten (mit Humor) wie wir uns ständig selbst behindern.

Wir vergeben uns, dass wir nicht vollkommen sind und uns immer wieder von unserer Lebendigkeit abschneiden.

Wir machen regelmäßigen Termine für Dinge, die uns aufwecken (und sich letztlich wirklich angenehm anfühlen!): Meditation, Malen, Schreiben usw. Ihr habt sicher viele Beispiele.

Wir machen immer wieder den ersten kleinen Schritt – und dann den nächsten (habe ich hier vor kurzem beschrieben).

Und wenn sich unsere Meditation, unser Malen, unser Schreiben anstrengend und bedrückend anfühlen, können wir sicher sein, dass irgend eine alte, strenge Vorstellung von „Leistung, Gutsein, Disziplin“ am Werk ist.

Das Gegengift gegen solche alten, strengen Vorstellungen ist ein Cocktail aus
Liebe,
Humor,
Geduld,
Neugier,
Lust…

Und manchmal kann man sich auch Anregung und Unterstützung holen!
Dafür sind meine Kurse da.

Mal-LustHier eine Mail von einer anderen Malschülerin, die sie mir nach einem Kurs schickte:

Inzwischen habe ich mein eigenes kleines Sommeratelier daheim gesäubert und frisch ausgemalt und fühle mich darin wie ein neugeborenes Kind, das nun malen darf, was es will.

Erwartungen, Vorstellungen und Bedrängnisse hab ich vor die Tür gesetzt und ich bin einfach einmal glücklich.

Das Kostbarste, das ich mitnehmen durfte aus unserem Malseminar ist, die Ganzheit leben zu dürfen.
Eine Erlaubnis, die ich mir nun endlich ganz in meinem Inneren gegeben habe.


Dass ich mein inneres Gefühl – ganz mich selbst – im Malprozess brauche.

Nichts sonst als bei mir sein, in mir sein… und diese tiefe Begegnung zeigt sich nun in meinem Leben als großer Schatz, den ich geborgen habe.

Ich spüre intensiv das Sein dürfen, das Zulassen und wieder Loslassen und mich einlassen.

Den Lebensfluss – und auch was diesen herrlichen Fluss bremst.
Ich danke dir nochmals von Herzen für deine achtsame und liebevolle Begleitung, für die hilfreichen Impulse und die klare Energie.

Lasst dich anregen!
Und falls du einen positiven Schubs brauchst: In meinem Septemberkurs sind noch Plätze frei! 

Kreativität: Kampf oder Tanz?

In meinem Kurzurlaub las ich The War of Art von Steven Pressfield – ein Buch, das schon 3 Jahre in meinem Regal stand und darauf wartete, dass ich mal Zeit habe.

Der Titel ist eine Anspielung auf den „bedeutendsten Strategie-Ratgeber aller Zeiten“ The Art Of War oder Die Kunst des Krieges des chinesischen Feldherrn Sun Dzu, der etwa 600 Jahre v. Chr. lebte. Heute noch beliebt in Managerkreisen (und sicher auch bei Generälen und Soldaten) leitet das Werk dazu an,  Schlachten zu gewinnen. Motto: „Kenne deinen Feind!“ 

Der Feind, den Steven Pressfield besiegen will, ist natürlich der innere Schweinehund, auch bekannt als Widerstand, Abwehr, Blockade, Unlust, Faulheit.

Meine eigene Haltung zu Widerständen und Blockaden hat sich über die Jahre komplett verändert – allein dadurch, dass ich ständig mit ihnen konfrontiert bin. Sie scheinen zum kreativen Prozess zu gehören wie dunkle Wolken zum Himmel, und die Herausforderung, ihnen kreativ zu begegnen, ist Teil des schöpferischen Spiels.

Ich war also gespannt: Wie begegnet ihnen dieser Autor in seinem Buch? Welche nützlichen oder weisen Erkenntnisse hat er zu vermitteln?
Und ich erhielt eine Lektion in Kampfkunst, die sich gewaschen hat: Der Autor ist ein typischer Kämpfer! Er schreibt wie ein Kämpfer, betrachtet Kunst wie ein Kämpfer, sieht die inneren Hindernisse als Feinde, die es kämpferisch zu besiegen gilt.

Beim Lesen beobachtete ich, wie Herr Pressfield die inneren Widerstände zuerst so richtig hochstilisierte und zu taffen, ernstzunehmenden Feinden machte, um sich dann als starker, siegesmutiger Kämpfer behaupten zu können. Das Buch versetzt einen fast in einen Rausch: Hier ist der starke, mutige Kämpfer (ich) – und dort der grandios-gefährliche Feind (Widerstand). Und der kreative Weg ist eine Art würdiger Krieg.

Schwer, sich dem zu entziehen. Und warum sollte man sich dem auch entziehen? Ist es nicht erstrebenswert, stark zu sein und kämpfen zu können?

Die Fähigkeit zu kämpfen kann im Leben nützlich sein. Es gibt Situationen, in denen wir sie brauchen, bei denen sie uns weiterhilft. Anders ist das in unserer inneren Welt: Da brauchen wir keine Kämpfe, keine Feinde, keine Siege, denn wir kämpfen je letztlich nur gegen uns selbst.

Dance!Der innere Schweinehund ist unsere eigene kreative Schöpfung und je mehr wir gegen ihn angehen, desto „realer“ und größer scheint er zu werden.

Falls einem das Spaß macht, spricht nichts dagegen.
Dann wird jeder kreative Prozess zu einem Feldzug.

Das kann für Kämpfernaturen wie Steven Pressfield, die Gefechte und Siege brauchen, um sich stark zu fühlen, eine gute Entscheidung sein. Für ihn scheint es jedenfalls zu klappen – er ist erfolgreich. Immerhin stammt das Buch zu dem Kultfilm  The Legend of Bagger Vance mit Robert Redford, Charlize Theron und Matt Damon aus seiner Feder.

Also auf in den (inneren) Kampf, wenn du ein Kämpfer bist!

Ich habe gelernt, mir (und meinen Kursteilnehmern) diesen anstrengenden Umweg zu sparen. Er passt auch nicht zu den meisten von uns. Warum uns vormachen, dass wir einen Feind in uns bergen, gegen den wir ständig angehen müssen, wenn wir kreativ sein wollen.
Mit der Zeit wird klar, wie albern das ist: Erleben wir doch, dass alle Mitspieler in solchen Kämpfen von uns selbst erschaffen sind. Eigenkreationen, die sich bei genauerer Betrachtung früher oder später in Wohlgefallen auslösen (oder in reine kreative Energie, die direkt aus der Quelle strömt).

Für mich ist Kreativität kein Kampf,
sondern ein Tanz.
Frei, spontan, kraftvoll und immer neu.
Lust, mitzutanzen?
In den nächsten Tagen male ich immer gegen Abend – klinkt euch ein aus der Ferne!
Und wenn Fragen auftauchen oder Geschichten zu erzählen sind, meldet euch per E-Mail.

 

Kreativ entspannen

Gleich werde ich noch ein bisschen malen, bevor ich mein Köfferchen packe, um für paar Tage wegzufahren. Und ich werde wieder mal darauf achten, mir Zeit zu nehmen, auf mein Innerstes zu hören und mich selbst nicht unter Druck zu setzen.

 

StaudenDieses Foto schickte mir vor ein paar Tagen eine kreative Freundin, die  eine Stauden-Gärtnerei betreibt.

Auf dem Bild schiebt sie eine Fuhre  Stockrosen durch die Gegend – sie ist also gerade am Arbeiten.
Aber für mich sieht es aus, wie wenn sie extra ihren hellen Sommerhut aufgesetzt und sich hübsch gemacht hat, um mit den Rosen spazieren zu gehen. Ein wunderschöner Moment!

So will ich malen…

Manchmal ist Malen Arbeit… Es fordert Bewusstsein, Präsenz, den Mut, uns wirklich selbst einzuladen, mit allem, was wir gerade mitbringen.
Aber das heißt nicht, dass wir uns dabei anspannen müssen. Im Gegenteil.

Wir atmen. Wir halten inne. Wir gehen sanft mit uns selbst um. Wir feiern die Kostbarkeit eines jeden Atemzugs. Die Kostbarkeit, am Leben zu sein, zu fühlen, berührt zu sein.

Das werde ich gleich üben…
Und ich lade dich ein, diese Woche auf die gleiche Weise zu malen.

Und wenn du nicht malen willst, mache dieselbe Übung – aber ersetze vorher das Wort MALEN durch das Wort LEBEN.