Übergänge II

Übergänge sind Schaltstellen, an denen neue Strecken gewählt werden können. Im Leben heißt das, wir tun etwas Neues, etwas Anderes, etwas Ungewohntes, etwas Unbekanntes. Wir nehmen einen anderen Weg – und erleben uns plötzlich als Andere.
Unsere alten Gewohnheiten machen es uns natürlich leichter, immer wieder dieselbe Strecke zu fahren, aber es gibt Zeiten, in denen die alten Strecken nicht mehr gut funktionieren. In meinem neuen Buch über Angst (an dem ich gerade schreibe) spreche ich darüber: Viele Ängste beruhen darauf, dass wir immer dieselbe eingefahrene Spur fahren, dieselben eingefahrenen Gedanken denken, dieselben alten Vermeidungen kultivieren und gar nicht erkennen, dass die Ängste, die einst diese Spuren erzeugt haben, gar nicht mehr aktuell sind. Denn viele Spuren werden aus Angst kultiviert: Sie geben uns ein Gefühl der Sicherheit in einer unsicheren Welt.

An den Schaltstellen und Übergängen (morgens nach dem Aufwachen, wenn man krank ist, im Urlaub usw.) können einem diese Muster bewusst werden. Dann kann man prüfen, ob sie wirklich noch nützlich sind, oder ob Korrekturen anliegen. Und die Korrekturen, die mich zur Zeit beschäftigen: Umschalten vom „Um zu“ (ich tue dies, um dann das zu erhalten, damit ich später jenes – Arbeiten um Geld zu verdienen um die Miete zu zahlen um nicht in der Gosse zu landen um…) zum Leben im Jetzt, aus der inneren Mitte, der Quelle allen Seins. Beim Malen üben wir Gegenwärtigkeit und das Verweilen und Handeln im Nichtwissen. Jetzt auch im Leben, grundsätzlich, als großes Experiment.

Comments

  1. Oh ja, das kenn ich zu gut….. Jeder Morgen unter der Woche hat sein gleichbleibendes Ritual genauso wie die Samstage oder Sonntage. Gut an den Wochenden variiert etwas…. Ja das wäre eine gute Übung das zu hinterfragen… Bei mir ist das so, dass da ja andere Lebewesen mein Leben mitgestalten.
    Unter der Woche stehe ich um 5:30 Uhr auf, wenn mein Mann zur Arbeit geht. Den Hund rauslassen, beide verabschieden, dann meistens an den Computer oder ins Atellier. Manchmal auch einfach noch ein Stündchen ins Bett ,weil ich mich nicht dazu aufraffen kann zu arbeiten. So um 7:30 Uhr trinke ich mit meinem Sohn zusammen Tee oder Kaffee. Meistens draußen auf der Terasse unter dem Balkon. Er kann seine geliebte Zigarette zum Kaffee rauchen und wir haben Zeit miteinander zu reden. Das genieße ich sehr. Den Teil mit dem Büro und dem Atelier könnte ich ändern. Hhm mal sehen ob ich das schaffe, erst zu malen und dann die neuesten Nachrichten im Web zu lesen… Büro arbeit erledigen…
    Am Wochende dürfen wir länger schlafen. Meistens bin ich vor meinem Mann wach und gehe dann mit unserem Hund raus oder spiel mit ihm. Herrlich zu sehen, wie er den Tag begrüßt, von ihm kann ich noch viel lernen. Er steht an meinem Bett, merkt oh die ist ja wach, wedelt mit seinem Schwanz und strahlt mich an. Der Blick sagt – eh Frauchen schau ein neuer Tag, neue Möglichkeiten komm raus spielen und die Welt entdecken. Ja so in den Tag zu starten mit der Entdeckungslust des kleinen Kindes, das wärs.

    • Paro says:

      Das Spannendste ist, die innere Einstellung oder richtiger: den inneren Standpunkt zu ändern. Nicht mehr: WAS soll ich anders machen, oder WIE mach ich’s besser, sondern WER bin ich eigentlich… und von wo aus handele ich. (Hab dich für die Verlosung eingetragen!)

  2. Ich liebe Übergänge, zum Beispiel eine gangway im Flughafen, die Reisen an andere Orte. Dort fühle ich mich richtig und frei, ich fühle mich mehr als wenn ich in der „Normalität“ funktioniere. Aber der Wechsel von beidem ist wichtig. Aber für mich gibt es nichts Schöneres als mich immer wieder neu zu erleben, auch mit anderen Menschen und anderen Orten. Vielleicht sind die Übergänge eine Art Zuhause für mich.

    • Paro says:

      Oh ja! Und was ich am Reisen so mag, Esther: Das Gefühl zu haben, aus allen alltäglichen Bezügen ausgeklinkt zu sein, niemand kennt mich, niemand hat ein festes Bild von mir, das mich von vornherein festlegt, und ich könnte ALLES sein. Und dann bin ich auf einmal so vielmehr als im täglichen Leben. Aber irgendwann wächst die Sehnsucht nach dem Halt, den die Umwelt mir gibt, indem sie mich als etwas Festes spiegelt, eine Konstante…

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