Müde

Heute Abend bin ich schon um 17 Uhr so müde, das ich nur noch auf mein Bett fallen und ein Hörbuch hören will. Das wäre auch in Ordnung. Alle wichtigen Dinge habe ich heute erledigt, und müde sein fühlt sich stimmig an.

Doch da wartet noch mein Bild im Atelier. Genau, das mit der Nixe!  Es hat sich Farbe für Farbe, Punkt für Punkt immer weiter entwickelt und ich bin gern in seiner Gegenwart. Jetzt hingehen und malen – das hat etwas verheißungsvolles, wie eine Abendeinladung mit guten Freunden. Aber ich bin wirklich zu müde.

Dann komme ich drauf:  Die Sehnsucht, noch ein Weilchen mit meinem Bild im Kontakt zu sein, erfülle ich mir heute, indem ich mich auf meinem Schemel vor die Malwand setze und  einfach mal schaue, was geschieht.

Und da sitze ich nun und fühle mich seltsam geborgen…

Ich schließe die Augen und spüre die Begegnung im Körper, eine Begegnung mit mir selbst. Ich komme mir sehr nahe.
Ich atme, ich habe viel Zeit, es ist o.k., müde zu sein.

Dann schaue ich das Bild mit dem Bauch an, mit halb geschlossenen Augen, und es sagt mir Dinge, die ich vorher nicht wusste…

Als nächstes schaue ich mit dem Herzen und sehe ein völlig anderes Bild. Es ist dasselbe Bild, aber es erzählt mir andere Dinge über mich und über diesen Moment. Ich stelle ihm Fragen und es antwortet.
Und wenn ich nicht so müde wäre, würde ich jetzt  beginnen zu malen. Stattdessen fotografiere ich eine kleine Ecke des Bildes, gehe an meinen Computer und schreibe das hier. Eine kleine Botschaft an alle Müden und Erschöpften, die – genau wie ich –  vielleicht noch nie darauf gekommen sind, statt zu malen einfach nur das Energiefeld ihres Bildes zu genießen.

Probiert es aus!