Kreativsommer 5 – In der Mitte großzügig

Anfangen
war schon immer meine Spezialität.
Ich gehöre zu den Leuten, die von ständig neuen Ideen geradezu überschüttet wurden (und auch heute noch werden), und das gab mir schon in der Kindheit das Gefühl, sehr inspiriert, sehr kreativ zu sein.
Doch über den Anfang, über die eine perfekte Geschichte oder das eine beeindruckende Bild kam ich lange Jahre kaum hinaus.
Ich hatte Probleme mit dem Weitermachen,
dem Dranbleiben
der Mitte…

Einer meiner Beiträge in diesem Sommerprozess hatte den Titel „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“. Ich habe ihn gerade noch einmal gelesen und mag, was ich da über die Mitte geschrieben habe. Doch heute will ich weitergehen, tiefer gehen, dranbleiben – das habe ich inzwischen gelernt.

 

Jeder kreative Prozess ist eine Reise…

… eine Reise mit einem Anfang (oder richtiger: mit vielen Anfängen, vielen Etappen),
mit einem Ziel (das sich nach und nach erfüllt)
und einem Weg, der uns vom Anfang zum abschließenden Ergebnis führt.

 

reise
Wenn ich heute über die Mitte spreche, meine ich diesen eigentlichen kreativen Weg: Das Tun, das Ringen, das Lernen, das Abenteuer,

Ich meine die so genannte Heldenreise, auf die wir uns mit jedem kreativen Projekt einlassen (ob wir es wissen oder nicht).

Warum eine Heldenreise?
Weil jeder kreative Prozess einen Helden oder eine Heldin braucht – uns selbst. Eine Heldin, die bereit sein muss, Unbekanntes zu erforschen, Abenteuer zu erleben und sich selbst zu begegnen (dazu später mehr).


Warum das so ist:

Kreative Prozesse verlaufen nicht linear. Das heißt, es reicht nicht, ein Projekt zu planen, einen Zeitplan zu machen und dann jeden Tag den nächsten Punkt auf der Liste abzuhaken, bis alles fertig ist.
Es reicht nicht, weil die Wege im Land der Kreativität nicht linear verlaufen. Sie unterliegen nicht immer unserer Kontrolle und Planung. Das heißt, alles Mögliche und Unmögliche kann (und wird) auftauchen und uns herausfordern. Und wir brauchen die Bereitschaft, mit alledem umzugehen und uns nicht zu drücken.

Mitte2

 

 

Im Land der Kreativität

Das Land der Kreativität ist ein irrationaler Ort, vielschichtig, unberechenbar, bevölkert von hilfreichen und hinderlichen Geistern (wie Musen, Inspirationen, Blockaden und ähnlichen Genossen) – ein Ort, an dem wir uns in unserer Kindheit hervorragend zurechtfanden, als unsere Wahrnehmung noch vieldimensional war, unsere Sinne geöffnet, unser Ausdruck frei und ohne Berechnung.

Doch heute fehlen uns oft der Mut und die Demut, zuzugeben, dass wir uns in dieser Wunderwelt nicht mehr allzu gut auskennen.
Uns fehlt oft die Bereitschaft, Hilfe zu suchen und anzunehmen,
Neues zu lernen,
An uns zu glauben
Und auch in schwierigen Zeiten durchzuhalten.

Und was am wichtigsten ist:
Wir sind oft nicht bereit, uns selbst zu begegnen, unseren Schatten zu begegnen, unseren strahlendsten Talenten und Fähigkeiten zu begegnen und sie alle zu lieben. Sie als gute Geister zu begrüßen. Von ihnen zu lernen.

 

In der Mitte großzügig

Es gibt soviel dazu zu sagen, was es bedeutet, in der Mitte – auf dem kreativen Weg – großzügig zu sein, dass ich mehrere Bücher darüber schreiben könnte.
Eines habe ich ja schon geschrieben: ‚Love To Create‘, und es könnte gut noch einen zweiten, dritten, vierten Teil geben! Aber auch hier in diesem Beitrag gibt es einiges zu sagen, und ich werde heute zwei Dinge aufführen, die ich gerade besonders wichtig finde:

A) Die erste Großzügigkeit, die wir uns auf dem kreativen Weg erweisen sollten, besteht darin, dass wir Geduld mit uns haben.

Wir können nicht erwarten, von jetzt auf gleich die perfekten, idealisierten Resultate zu erbringen, die sich unser inneres Planungskomitee so vorgestellt hat. Nein, wir brauchen Zeit für die mäandernden Wege, Labyrinthe und Abenteuer der Heldenreise. Und alles, was wir auf dieser Reise erleben und meistern, wird unsere Kreation erweitern, vertiefen, bereichern und letztlich zu einem Erfolg machen.
Dazu gehört, dass wir bereit sind, Hilfe anzunehmen, viel zu lernen, uns weiterzuentwickeln und alte Gewissheiten loszulassen, falls sie uns nicht mehr dienen.

Wie das geht?
Immer, wenn du das nicht weißt, hol dir Hilfe, sprich mit anderen, lass dich beraten, lerne etwas dazu, gib dir mehr Raum – und vor allem: Übe es, dich selbst zu lieben.

Indem du dich selbst liebst, liebst du auch deine Kreativität mit all ihrem Hell und Dunkel, ihren Farben und Facetten. Du glaubst das nicht? Probier es einfach mal aus!


B) 
Die zweite Großzügigkeit
, die wir uns auf dem kreativen Weg erweisen, besteht darin, dass wir an uns glauben.
Dass wir uns, anstatt an uns und unseren Fähigkeiten zweifeln, und uns regelmäßig in die Tonne zu stampfen, auf die Gaben konzentrieren, die uns die 12 guten Feen in die Wiege gelegt haben.

Wenn wir wirklich ehrlich sind,
wenn wir wirklich offen und liebevoll hinspüren, wissen wir genau, das Großes in uns schlummert.
Vielleicht haben wir gelernt, es zu verleugnen (damit andere nicht neidisch sind, und weil es angesehener war, sein Licht unter den Scheffel zu stellen), aber wenn wir kreativ sein wollen, können wir uns solche überflüssigen Spielchen nicht mehr leisten. Wir sind herausgefordert mutig zu sein und uns zu dem zu bekennen, was uns mitgegeben wurde.

Es kann natürlich sein, dass wir unsere eigene Größe nicht sehen wollen oder können:  Wir haben uns vielleicht daran gewöhnt, unsere eigentlichen Talente abzuwerten oder lieber in anderen zu sehen, die wir dann bewundern und auf ein Podest stellen.

Dann ist es jetzt an der Zeit für die folgende Übung:

Lasse alle Menschen Revue passieren, die du bewunderst,
und schreibe dann auf eine Liste, was du genau an ihnen bewunderst.

Nun mache dir klar: Alle diese Dinge sind Eigenschaften, die du auch in dir trägst, aber anscheinend jahrelang verleugnet hast (sonst müsstest du sie nicht auf andere projizieren).

Okay, die Zeit ist gekommen, all diese Eigenschaften wieder zu dir zurückzunehmen!
Auf deiner Heldenreise im Land der Kreativität wirst du sie brauchen.

Und ehrlich gesagt: In deinem Leben auch!

 

C) Und drittens:  Jetzt seid ihr gefragt!

Schreibt mir doch, womit ihr ‚in der Mitte‘ gute Erfahrungen gemacht habt.
Was euch auf dem kreativen Weg unterstützt.
Was ihr beim schöpferischen Tun einmal schwierig fandet oder immer noch findet, und wie ihr mit solchen schwierigen Aspekten umgeht.

Es werden sicher Erfahrungen und Hinweise dabei sein, von denen andere profitieren können! In meinem nächsten Zwischenbericht werde ich sie hier gerne veröffentlichen.

 


Etwas zu den Bildern in diesem Beitrag:

Ein Projekt, mit dem ich zurzeit beschäftigt bin, ist ein Kreativ-Orakel: Ein Kartenspiel mit vielen verschiedenen Anregungen und kleinen Übungen, die uns im kreativen Prozess weiterhelfen können.
Immer, wenn du nicht weißt, wie du anfangen, weitermachen oder aufhören sollst, wenn du blockiert bist, wenn du einen Anstoß brauchst oder eine weise Erkenntnis, kannst du eine Karte ziehen und dich von ihr inspirieren lassen.

Die Karten werden wunderschön!
Jede von ihnen hat ein anderes Bild auf der Vorderseite (und einen anderen Spruch auf der Rückseite). Ich verwende Ausschnitte von Bildern einiger Kursteilnehmerinnen, die beim intuitiven Malen entstanden sind.
Und die beiden Bilder in diesem Beitrag gehören dazu. Sie sind von Christine Hummler (Bild 1) und Livia Buchegger (Bild 2).

Der Plan ist, das Spiel Mitte bis Ende August fertig zu haben, dann kann man es bei mir kaufen. Zurzeit macht mein Grafiker die ersten Kartenentwürfe, und in Kürze stelle ich sie hier vor!
Es wird dann auch die Möglichkeit geben, Vorbestellungen aufzugeben (und einen günstigeren Preis zu erhalten). Ich halte euch auf dem Laufenden!


Und Malen
Jeden Dienstagabend ist virtueller Malabend!
Das heißt, jeder ist eingeladen, im eigenen Atelier oder am eigenen Küchentisch mit zu malen und das kreative Feld, das auf diese Weise entsteht, mit zu genießen!