Dem Frühling entgegen

Fasten – kreativ interpretiert
Woche 1, ab Aschermittwoch 2015

Fasten ist nichts für mich.
Bei meiner Heilpraktikerausbildung vor vielen Jahren stand auch eine einwöchige Fastenkur auf dem Programm. Wir sollten lernen, auf was man achten muss, welche Massagen hilfreich sind, was die Fastenzeit unterstützt und was schadet. Viele von uns waren begeistert: Eine schöne Sache, die man später in seiner Praxis anbieten konnte.

Außerdem verlor man Gewicht dabei 🙂
Bei anderen hielt sich die Begeisterung in Grenzen, aber alle machten mit.
Am zweiten Tag meiner Fastenwoche erlitt ich einen Kreislaufkollaps, obwohl ich alles „richtig“ gemacht hatte. Meine Ahnung, dass Fasten nicht mein Weg ist, bestätigte sich.

Und jetzt will ich plötzlich fasten bis Ostern… Ja, aber anders als damals!

OLYMPUS DIGITAL CAMERAWährend meiner Suche nach ähnlichen Strukturen und Ritualen wie die in den Rauhnächten, stieß ich neulich auf die Fasten-Broschüre der Initiative „Andere Zeiten e.V.“ aus Hamburg. Und ich wusste, diese freie, individuelle Art der Fastenkur war genau das, was ich mir gewünscht hatte: Ein tief verankertes Ritual, an dem sich viele beteiligen – jeder auf seine Weise – und das ich mir so gestalten kann, wie ich es brauche. Ohne die christlichen Aspekte, die mich nicht so ansprechen.

In meiner Fastenzeit würde ich einfach auf ein paar Dinge verzichten, die mir schaden, und andere, die mir guttun, üben und fördern. Und heute – am Aschermittwoch – geht es los.

Ähnlich wie in den Rauhnächten möchte einige meiner Reflexionen hier mit euch teilen und ein paar Übungen vorstellen, die euch vielleicht zum Mitmachen anregen. Ich würde mich sehr freuen, von euch zu hören!
Jeder, der sich auf eigene Weise beteiligt und vielleicht sogar darüber berichtet, verstärkt das gemeinsame Energiefeld!


Eine liebevolle, klare Instanz

In den letzten Jahren ist es mir endlich gelungen, viele lebensfeindliche Gewohnheiten abzulegen und durch neue, lebensfördernde Gewohnheiten zu ersetzen. Wie jeder von uns wusste auch ich im Grunde schon immer, was mir gut tut und meinen inneren Weg unterstützt.
Doch das umzusetzen war oft nicht leicht.
Ich musste zuerst lernen, konsequenter mit meinem inneren Richter umzugehen.

Jeder neue Plan (Regelmäßig malen, täglich meditieren, gesund essen) wurde von Anfang an von ihm überwacht. Und wenn ich nicht alles „richtig machte“, kam die Kritik: „Du hast keine Disziplin, du bist schwach, selbst so eine kleine Sache ist dir nicht gelungen, du bist faul, du bist inkonsequent.“
Doch um uns mit förderlichen Strukturen und Übungen zu unterstützen, brauchen wir den inneren Richter nicht. Wir brauchen keine Kritik, keine Scham, keine Strenge.
Stattdessen können wir jeden Rückschlag und jeden Misserfolg als wichtige Information nehmen, die uns weiterhilft. Für alles gibt es einen Grund! Und wenn wir nur lange genug in uns gehen und nachforschen, werden wir entdecken, wie und warum wir uns selbst behindern oder sabotieren.

Dann können wir uns an dieser Stelle mit Liebe begegnen und geduldiger mit uns sein.
So beginnt in uns eine liebevolle, aber klare Instanz heranzuwachsen, die uns hilft, das Gute in unser Leben zu bringen.


Fastenwoche 1 – die Übungen

1. Übung
Diese liebevolle Instanz brauchen wir auch in den kommenden sieben Wochen, und so beginnt unsere „Fastenzeit“ damit, sie in uns zu finden, zu entwickeln und zu stärken.
Dann kann sie uns helfen, diese Zeit erhöhter Energie zu nutzen, um ein paar lebensfeindliche Gewohnheiten genauer zu betrachten, zu transformieren und in gute, befreiende Gewohnheiten zu verwandeln.

Und nun die Übung: Schließe die Augen. Atme ein paarmal tief durch und spüre, wie dein Gesicht, dein Brustkorb, dein Bauch weich werden und deine Schultern loslassen.
Spüre deine Präsenz, deine Schwere auf dem Stuhl oder dem Kissen, und nimm dir etwas Zeit, um noch mehr anzukommen.
Nun stelle dir vor, wie es wäre, wenn jetzt – in diesem Augenblick – eine liebevolle Präsenz, ein Schutzengel, eine gute Fee, eine gute Mutter/Vater oder ein anderes, unterstützende Wesen für dich da wäre. Wo im Raum spürst du dieses Wesen?
Ist es rechts oder links von dir, hinter dir, vor dir, weiter entfernt oder ganz nah? Vielleicht ist es auch in dir.
Dies ist das liebevolle Wesen, nach dem du dich immer gesehnt hast.
Du kennst es schon, sonst könntest du dich nicht nach ihm sehnen. Und weil du es schon kennst, kannst du es dir auch vorstellen.
Nimm dir eine Weile Zeit, diese liebevolle Präsenz zu spüren. Je vertrauter sie dir wird, desto besser kannst du dich auf sie verlassen, wenn du sie einmal brauchst: Wenn der innere Kritiker laut wird, wenn du streng mit dir bist, wenn du brav irgendwelche Übungen absolvierst, ohne zu spüren, ob sie dir guttun.

Es ist gut, diese Übung regelmäßig zu wiederholen und auch im täglichen Leben ab und zu innezuhalten, und die liebevolle Präsenz einen Moment lang wachzurufen. Sie ist in Wirklichkeit ein Teil von dir, und diesen Teil zu stärken ist eine wichtige Investitionen in das Gute!

2. Übung
Um wirklich zu wissen, was gut und befreiend für uns ist, müssen wir uns immer wieder selbst befragen. Die zweite Übung hilft uns, herauszufinden, welche guten Gewohnheiten wir in diesen sieben Wochen entwickeln wollen.

Und nun die Übung: Mache eine Liste mit mindestens zehn guten Vorsätzen – Dinge, von denen du weißt, dass sie gut für dich wären. Schreibe alles auf, was dir einfällt, egal, wie albern es dir im Moment vielleicht vorkommt (unten findest du eine Liste mit möglichen Vorschlägen).

Nun wecke deine liebevolle Präsenz, wie ich es oben beschrieben habe.
Dann gehe die einzelnen Vorsätze nach und nach durch, und stelle dir bei jedem von ihnen vor, wie es wäre, ihn wirklich umzusetzen.
Wann würdest du das genau tun, wie würdest du das genau tun, wie würdest du dich dabei fühlen?

Spüre genau hin!
Bei manchen Vorsätzen wirst du sofort wissen, dass sie im Moment nicht passen.

Aber alle, die dazu beitragen, dass die liebevolle Präsenz verstärkt wird, kommen infrage.
Entscheide dich für einen oder zwei davon (wenn es nicht zu viel wird und kein Stress entsteht, können es auch mehr sein).

3. Eine Verpflichtung eingehen

Wenn es dir hilft, dich offiziell dazu zu verpflichten, dir sieben Wochen lang Gutes zu tun, kannst du mir gerne eine E-Mail schicken.
Eine andere Möglichkeit wäre, dich mit einem Freund oder einer Freundin auszutauschen.
Du kannst auch hier einen Kommentar schreiben, den alle lesen können, oder deine liebevolle Verpflichtung dir selbst gegenüber auf einen Zettel schreiben, den du dann verbrennst oder gut sichtbar aufhängst. 


Was ich in dieser Zeit vorhabe – und ein paar Anregungen

Ich werde bis Ostern einmal die Woche einen speziellen Retreat-Tag einlegen, an dem ich auf meine Uhr verzichte, nicht an den Computer gehe, nicht lese, und mehrmals am Tag innehalte, um wieder mit mir Kontakt aufzunehmen.
Ich werde nur essen, wenn ich hungrig bin, mehrmals am Tag meditieren, eine längere Malsitzung machen, meine Mahlzeiten in Form einer Ess-Meditation einnehmen und meine Spaziergänge als Gehmeditation machen.
Das ist etwas, was ich immer schon mal ausprobieren wollte.
Jetzt werde ich es sieben Wochen lang testen, und wenn es klappt, behalte ich es bei.

Auf meiner Liste stehen auch noch ein paar andere Dinge, auf die ich jeden Tag achten möchte.
Ihr werdet eure eigenen finden!
Zur Anregung hier ein paar Vorschläge:

–  Aufhören zu essen, wenn ich satt bin
–  Achtsam essen, damit ich überhaupt spüre, dass ich satt bin
–  Einen Nachmittag in der Woche mit dem inneren Kind verbringen
–  Alles etwas langsamer tun
–  Einen Freund umarmen
–  Ab und zu bewusst atmen
–  Alle zwei Wochen eine Massage buchen
–  Ab und zu spüren, dass ich existiere. Danke sagen.

Ich bin gespannt auf eure Berichte!
Und in den nächsten Wochen werde ich weitere Übungen vorstellen.