Das Leben entdecken

Für meinen laufenden Schreibkurs nehme ich regelmäßig Videos auf, als Inspiration zwischen den Terminen und um den Schreibfluss anzuregen. Manche dieser Filme schaue ich mir später noch einmal an und bin oft selbst inspiriert. So ging es mir mit meinem letzten Video. Es bezog sich hauptsächlich auf das Schreiben, aber ich bekam Lust, seine Botschaft – in erweiterter Form – für diesen Blog zu übernehmen.

Hier ist das Video – richtiger eine erweiterte Neuversion („Director’s Cut“ )

 

Und nun etwas zum Selbst-Probieren:

Nimm dir in der nächsten Woche jeden Tag 5 Minuten Zeit für diese Übung.
Das kann morgens, abends oder irgendwann im Laufe des Tages sein, auch mitten bei der Arbeit.
Schließe kurz die Augen und stelle dir vor, dass du, wenn du sie wieder öffnest, keinerlei Vorwissen, kein Urteil, keine Meinung über irgendetwas hast. Und auch nicht zu haben brauchst. Du hast eine andere Weise, die Dinge wahrzunehmen:
Du schaust wie eine Kamera mit offener Linse auf die Welt – aber auch mit offenem Herzen. Fünf Minuten lang.

Spüre im Nachhinein, wie sich das anfühlt!
Übe diese Haltung auch beim Malen,
beim Schreiben,
im Gespräch mit einem nahen Menschen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Oder du schenkst jemandem, der/die dir wichtig ist, einen solchen 10-minütigen Achtsamkeits-Moment:
Ihr sitzt euch gegenüber, schließt kurz die Augen wie eben beschrieben, stellt euch auf eine meinungsfreie innere Haltung ein. Als wüsstet ihr nichts übereinander.
Dann schaut einander eine Weile schweigend an, entspannt, nichts wissend, voller Interesse. Lasst den Eindruck durch euren offenen, urteilsfreien Blick bis in euer Herz treffen.

Viel Freude dabei!
Und ich wünsche euch eine reiche, gesegnete Zeit zwischen den Jahren – und in 2021.

 

Wilde Zeiten

Anfang November.
Vor ein paar Tagen begann der zweite „Lockdown“ in diesem Jahr: Vier Wochen verschärfte Regeln, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu stoppen (oder zumindest einzuschränken).
Und die Wahlen in den USA bleiben spannend, um es mal nett auszudrücken.
Und der heftige astrologische Einfluss ruht noch immer wie eine dicke Wolke über den Dingen.

In solchen Zeiten werden oft die alten Monster geweckt, die sich noch in unserer Psyche verbergen.
Leise raunen sie uns ihre alten Geschichten von Angst, Hilflosigkeit, Verwirrung und Verletzung, von Wut, Misstrauen und Rache ins Ohr, und da wir diese Geschichten schon so viele Jahre glauben, halten wir sie – in achtlosen Momenten und immer nachts von 3-4 Uhr – für die Wahrheit über uns, unser Leben, unsere unausweichliche Lage. Das kann manchmal ziemlich unangenehm werden.
Um uns wieder besser zu fühlen, versuchen wir dann ihre Energien zu verdrängen: Wir hören nicht hin, lenken uns ab, stellen uns taub – und fühlen uns für eine Weile in Sicherheit.
Das ist häufig das einzige, was uns im Moment möglich ist, und für eine Weile funktioniert das auch. Ich kann ein Lied davon singen!

 

Doch es wird immer wieder Zeiten geben, in denen sich die Monster nicht so einfach wegschieben lassen. Dieses Jahr mit all seinen beunruhigenden Energien und Ereignissen ist für viele von uns so eine Zeit.

Wir suchen Schuldige, schlagen um uns oder ziehen uns ganz zurück, machen uns klein und unsichtbar.

Wir werden zu Opfern unserer eigenen Ängste und Narrative. Opfer unserer inneren „Monster“, die von den beunruhigenden Ereignissen in der Welt häufig genährt und gestärkt werden.

Das kreative Abenteuer

Auf dem kreativen Weg wie z.B. beim Intuitiven Malen begegnen wir immer wieder unseren kleinen und größeren Monstern – den alten Geschichten, die wir uns unbewusst erzählen. Wenn wir den Mut haben, sie uns genauer anzusehen, erkennen wir oft, dass sie gar nicht real sind. Das ist der erste Schritt, um sie zu entlarven!
Dann können wir lernen, die Kontraktionen und Energieblockaden, die sie in unserem Körper hinterlassen, sanft wieder  aufzulösen. Sie können sich lockern und die Energien können wieder fließen. Wenn wir unseren natürlichen kreativen Ausdruck wieder üben und erlauben, helfen wir auch diese Staugebiete im Körper wieder in Fluss zu bringen.

In den Kursen (besonders in Flow 3, „Die heilende Kraft der Kreativität“) unterstützen wir das mit verschiedenen Übungen. Eine davon möchte ich hier gerne vorstellen.
Sie erinnert an den bekannten Ausspruch von Pablo Picasso: „Als Kind konnte ich schon malen wie Raphael. Und seitdem bin ich damit beschäftigt, wieder (frei) malen zu lernen wie ein Kind.“

Die Übung:

Setze dich bequem und aufrecht hin, schließe die Augen. Spüre den Boden unter deinen Fußsohlen, lass dich schwer in den Stuhl / das Kissen / die Sitzfläche einsinken.
Nun spüre das kleine Selbst in dir – das Sonnenkind, das du einmal warst, und das immer noch ein wichtiger Teil von dir ist. Spüre wie es sich anfühlt, ganz frisch und neu auf dieser Welt zu sein.
Spüre deinen „Anfängergeist“, deine Neugier, deine Offenheit, dein natürliches Interesse an allem, was dir begegnet. Spüre, wie es ist, noch keine Überzeugungen und Geschichten mit den Dingen zu verbinden.
Atme, spüre deine Wissbegier, deine Lust am Erleben, Berühren und Entdecken.

Dann nimm dir etwas Zeit, diese innere Vorstellung in dir wirken zu lassen. Spürst du dein kindlich-freies Selbst?
Dann öffne kurz die Augen und betrachte die dich umgebende Welt, als hätte noch nichts einen Namen.

Nun betrachte mit denselben Augen die bedrückenden Energien oder Gefühle in dir: Wie sieht die Wut, die Angst, die Unruhe gerade aus? Welche Farbe hat sie? Welche Form? Was ist sie für ein Wesen?
Ohne dazugehörige Geschichte in der Zukunft, ohne Fantasie, was alles passieren wird, kannst du sie als die reinen Energien erleben, die sie sind. Heftige Energien vielleicht, schwierig manchmal, aber wir können lernen mit ihnen umzugehen. Zum Beispiel indem wir sie malen. Oder sie tanzen. Oder sie erst tanzen und dann malen.

Lege dir etwas zu Malen zurecht, dann mache zuerst diese Übung oder tanze frei nach einer Lieblingsmusik. Atme tief durch, spüre deinen Körper, spüre die Bewegung der inneren Energien und unterstütze sie mit deinem Atem.
Dann drücke sie/dich mit Pinsel und Farbe aus.

Ein kleines Extra

Hier noch ein kleines Extra für euch. Das folgende Video habe ich vor ein paar Tagen aufgenommen, schnell mal „nebenbei“, ohne großen Anspruch. Und wenn kein Anspruch herrscht, kommt gleich das Kind zum Vorschein… ich freue mich über euer Feedback!

 

… und noch ein Bonbon: Eva Gutmann-Boch, meine Assistetin, bietet neuerdings kleine Online-Abendkurse an – für alle, die Anregungen, gemeinsames Malen und Austausch mit Gleichgesinnten suchen. Anbei ihr Flyer zum Herunterladen: EvaFlyer

Lebendigkeit 2

Als ich vorhin über den Oleander gebeugt auf meinem Balkon stand, einen Ast in der Hand, und mit einem blauen Lappen und lauwarmem Wasser die Blätter abwusch, spürte und sah ich plötzlich, dass dies ein Moment voller Zauber war.
Ich sah jedes einzelne Blatt, sah die grauschwarze, von Schildläusen erzeugte Schmiere, ekelte mich aus alter Gewohnheit ein wenig und erlebt dann voller Genugtuung, wie beim Abwaschen das gesund leuchtende, grüne Blatt hervortrat. Es war ruhig unten im Garten, nur das Wasser tropfte beim Abwaschen in die Schüssel, und ich fühlte mich weder ungeduldig noch getrieben, sondern so ruhig wie der Oleander selbst.
Ein kleines Windchen wehte, der Sommer war groß und gleichzeitig, hier auf dem Balkon, ganz klein und ganz intim.

So fühlt es sich also an, dachte ich, wenn man geerdet ist. Wenn man nicht das Gefühl hat, eigentlich irgendwo andershin eilen und irgendetwas anderes, Wichtigeres tun zu müssen, sondern in Frieden mit dem ist, was man gerade tut und wie man sich gerade fühlt.
Mein Blick fiel auf eine weitere Schildlaus an einer Astgabel und ich wischte sie ab, wusch das Tuch in dem lauwarmen Wasser aus und versuchte meiner Freundin Christina, die gerade auf den Balkon getreten war, zu erklären, wie ich mich fühlte. Ja, sagte sie, wie in einem Paralleluniversum, nicht?

So ist es – und beim Malen kenne ich diese Paralleluniversen inzwischen gut. Oder zumindest einige von ihnen. Sie haben verschiedene Energiequalitäten und werden zum Beispiel auch als verschiedene Tempi gespürt – manche fühlen sich schneller an, manche langsam. Und alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus der Quelle kommen, das heißt, dass sie mit unserem Kern, unserem Sein verbunden sind.

In meinen Oleander-Moment merkte ich jedoch, dass mein vorherrschendes, sehr schnelles Lebenstempo eben nicht aus meiner Mitte oder der Quelle kommt, sondern sich irgendwann verselbständigt hat und zu einem Automatismus (fast einer Sucht) geworden ist. Da geht es mir nicht anders als den meisten, die bei meinen Kursen in Intuitivem Malen mitmachen – sie alle brauchen Übungen oder Meditationen, die sie zuerst mit ihrem Kern verbinden, bevor sie beim Malen wieder die Verbundenheit mit dem lebendigen Fließen ihrer Kreativität spüren können, anstatt alte Muster und Gewohnheiten auszuagieren.

Das klingt jetzt vielleicht sehr theoretisch – sind ja nur Worte. Um sie wirklich zu verstehen, müssen wir diese Verbundenheit wieder erleben und gespürt haben. Im Leben und beim kreativen Schaffen. Meditationen und Übungen helfen uns dabei.

 

Hier eine Übung..
..des Schweizer Kunstdozenten und Autoren Thomas Lüchinger, auf dessen wunderbares Buch „Intuitives Malen“ ich mich auch in meinem folgenden Video beziehe.

Die Übung von Thomas Lüchinger:
Wähle irgendeine alltägliche Verrichtung wie Geschirr spülen, Zähneputzen, essen, einen Spaziergang machen …
Versuche nun, diese alltäglichen Dinge halb so rasch wie normalerweise zu tun. Achte darauf, was in dir vor geht. Lasse deine Bewegungen fließen und spiele dabei mit deiner wahrnehmung, als ob du ein fremdes Land besuchen würdest.
Wie fühlen sich die Tätigkeiten an?
Wenn du Dinge langsam verrichtest, hast du Zeit, sie zu genießen, und die Möglichkeit, neue Entdeckungen zu machen. Male in dieser Weise Details.


und das Video von mir: