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Die Welt bunter machen

Die graue Macht der Gewohnheit – Woche 1 im Februar

Viele meiner engsten Freundinnen packen um diese Jahreszeit ihre Koffer und reisen in warme Länder – und wenn sie wiederkommen, im beginnenden Frühling, blühen schon die Schneeglöckchen, die Winterlinge, die ersten Krokusse.
Worte&Farben_GrauDer Februar kommt mir von Jahr zu Jahr mehr wie eine öde Durststrecke vor – ein grauer, viel zu langer Monat, der sich ewig hinschleppt mit Eis und Schnee und verhangenem Himmel – und schon ab Ende Januar beginne ich mich zu fragen, ob ich nicht auch noch schnell wegfahren sollte.

Meine gemütliche, selbst gewählte Einsiedelei beginnt an Reiz zu verlieren, und meine langen Spaziergänge auf dem gehsicheren Balkon (statt auf glatten Wegen, da ich anscheinend leicht stürze und mir irgendwas breche), die herrlichen Malsitzungen im warmen Atelier und die spannenden Erforschungen, Meditationen und Schreibsitzungen fangen an, graue Ränder zu bekommen und langsam zu welken. Februar eben…

Neulich abends fiel mir dann auf, dass ich meine abendliche Liste mit Dingen, für die ich dankbar bin, mehr oder weniger automatisch abwickelte: Ach ja, Mittags kam kurz die Sonne raus… das Essen war lecker… ich bin dankbar, dass ich lebe… wie gut, dass ich Freunde habe… und so weiter.
Was ist los, fragte ich mich, wieso berührt es mich nicht mehr, diese ganzen schönen Dinge noch einmal Revue passieren zu lassen? Wieso kommt mir das Gute in meinem Leben in der Erinnerung vor, als wäre es mit Staub und Spinnweben bedeckt? Grau. Öde. Belanglos wie das Leben im Februar.

Ich hielt inne, spürte genauer hin, wagte ein paar Schritte in die innere Ödnis, um sie näher zu untersuchen. Und gleich war klar: Da ist einfach nur die so genannte „Macht der Gewohnheit“ am Werk!
Anfangs war ich noch tief berührt gewesen, als ich die leuchtenden Momente des vergangenen Tages aufgeschrieben und nachträglich gewürdigt hatte. Doch schon ein, zwei Wochen später war ich dazu übergegangen, die Listen automatisch abzuspulen: „Noch schnell meine Dankbarkeitsliste schreiben, dann kann ich bis zum Einschlafen den Krimi weiterlesen.“
Ein lebendiges Ritual war zu einer sinnentleerten Gewohnheit geworden.

Ich weiß, es gibt auch nützliche Gewohnheiten in unserer Leben – aber die meine ich hier nicht. (In meinem Buch „Love To Create“ schreibe ich ab S. 59 ausführlich über nützliche und nutzlose Gewohnheiten).


Die alte Gewohnheit, ständig neue Gewohnheiten zu produzieren

Seit jenem Abend beschäftigt mich die Frage, wie wir Gewohnheiten herstellen. Wie wir unsere Erfahrungen immer wieder mit dem gleichen neutralen Grau übertünchen und schließlich unsere Lebensfreude verlieren.
Vieles erhellte sich – und ich sah zum Beispiel, dass auch die jährliche Graufärbung des Februars hauptsächlich mit der altbekannten Gewohnheit zu tun hat, lebendige Prozesse in Gewohnheiten zu verwandeln und das Gefühl zu erzeugen, jeder Tag sei wie der andere.
Nichts Neues unter der Sonne (oder unter dem wolkenbedeckten Himmel).
Alles bekannt, alles flach, nichts berührt mich mehr.

Mit dieser Erkenntnis trat wieder Leben in mein Leben: Diese Gewohnheitserzeugung ist total spannend, dachte ich, wie mache ich das eigentlich genau?
Und wie kann ich die liebe alte Gewohnheit, ständig neue, graue Gewohnheiten zu produzieren, leichter durchschauen und schneller wieder abstellen? Plötzlich hatte ich ein Forschungs-Projekt, das mich zwang, in jedem Augenblick genauer hinzusehen und hinzuspüren – und ich fühlte mich sofort lebendiger.


Wach und lebendig – oder im Halbschlaf und automatisch?

Am folgenden Abend war klar, dass ich keine weitere Liste schreiben würde. Ich war aus der Erstarrung erwacht und spürte, dass ich überhaupt keine Lust hatte, auf automatisch zu schalten und meine Lebendigkeit zu dämpfen (wie ich es beim Listenschreiben zum Schluss getan hatte).
Aber was konnte ich stattdessen tun? Wie konnte ich vor dem Einschlafen noch einmal bewusst auf eine entspannte, liebevolle Welle umschalten und mich mit meiner Dankbarkeit verbinden?
Sollte ich meine Listen mit einem anderen Bewusstsein schreiben? Sollte ich es ganz lassen? Oder sollte ich etwas ganz anderes tun?

Die passende Übung war sofort da, und mit ihr die Lust, sie auszuprobieren. Und ich kann bestätigen, dass sie wirkt (bis sie irgendwann nicht mehr wirkt… was ich hoffentlich etwas eher merke!). Unten stelle ich diese Übung vor.

Auch beim Malen merkte ich wieder einmal, wie stark jede Art von Automatik die Lebendigkeit – und damit die schöpferische Kraft – eindämmt und lähmt. Gerade beim Intuitiven Malen zeigt sich das ziemlich schnell: Wenn wir nicht wirklich anwesend sind und aus dem Kopf malen oder uns vom inneren Richter antreiben lassen, landen wir automatisch in Blockaden und Schaffenskrisen!

Und weil beim Intuitiven Malen so schnell erkennbar wird, ob wir lebendig sind oder schon halbtot, kann es zu einem der stärksten Weckmittel für uns werden.


Februar, Woche 1 – Die neuen Übungen

Die Übungen vom Januar stehen euch natürlich weiterhin zur Verfügung.
Heute kommen zwei weitere Übungen hinzu, die ich gerade sehr genieße (ich bin mir sicher, du kennst das auch: Eine Übung, die gerade noch hilfreich war, wird zur Schlaftablette, und eine neue muss her..)

a) Statt einer Liste der Dinge, für die du heute dankbar bist, schreibst du nur eine einzige Sache auf. Einen einzigen Moment, eine einzige Erfahrung, ein einziges Geschenk. Etwas, das dich – und wenn auch nur für einen kurzen Moment – heute glücklich gemacht oder erfüllt hat.

Versetze dich in diesen Moment zurück. Spüre ihn, als ob er jetzt gerade geschieht.
Nun lass dich tiefer auf ihn ein: Was sehen deine Augen? Was hören deine Ohren? Was schmeckst du, was riechst du? Wie fühlt sich dieser glückliche Moment in deinem Körper an? Wer ist sonst noch da? Welche Gegenstände, welches Gegenüber, welches Umfeld sind Teil dieser Erfahrung?

Erlaube deinen Sinnen und deiner Wahrnehmung, immer genauer zu erfassen, was zu diesem einen Glücksmoment beigetragen hat. Spüre das Glück in seiner ganzen Breite, Tiefe und Vielfalt, und lasse dich davon nähren.
Wenn du magst, mach ein paar Notizen, eine Zeichnung, ein Gedicht.

Du kannst für diese Übung auch den gegenwärtigen Moment nehmen, dass Jetzt, diesen Atemzug, diese Empfindungen, dieses kostbare Geheimnis deines Lebens.


b) 
Nutze die gleiche Übung auch für deinen Malprozess:
Nimm dir, bevor du anfängst, etwas Zeit.
Setze dich an deinen Malplatz und spüre, für was du in diesem gegenwärtigen Moment dankbar bist.
Spüre deine Sinne, deinen Atem, deinen Körper, deine Lebendigkeit. Spüre, was für ein Wunder es ist, da zu sein – und erlaube dir, dankbar dafür zu sein, dass es dich gibt.
Dass es Farben gibt.
Dass du die Farben sehen kannst.
Dass du bei jeder Farbe etwas anderes empfindest.
Frage dich: Welcher Aspekt meines gegenwärtigen Momentes erfüllt mich mit Dankbarkeit?

Spüre, wie es ist, von Dankbarkeit erfüllt zu sein. Spüre deine Fülle.
Dann fange an zu malen.