Kreativsommer 6 – Am Ende großzügig

Wenn wir am Ende unserer Projekte und kreativen Prozesse großzügig sind, werden wir entdecken, dass es gar kein Ende gibt – nur Übergänge in etwas Anderes, Neues: Jedes Ende ist ja in Wirklichkeit auch ein Anfang.

Sind wir nicht großzügig, ist das genauso. Eines fließt in das andere, das tut es immer, aber ohne eigene Großzügigkeit fühlen wir uns oft von diesem Fließen ausgeschlossen.

Doch was bedeutet es, „am Ende großzügig“ zu sein?

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 Anfang, Mitte, Ende

Jeder kreative Prozess hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende.
Irgendwann fangen wir an mit unserem Buch, unserem Projekt, unserer Malsitzung. Wir begeben uns auf eine längere oder kürzere Abenteuerreise, begegnen Herausforderungen, erproben unsere Kreativität – und kommen irgendwann zum Schluss. Eine neue Reise kann beginnen.

Doch das ist nicht immer so einfach, wie es vielleicht klingt!
Wir malen ja nicht nach Plan, mit einer festen Vorgabe für das Ergebnis, den Schlusspunkt, sondern wir lauschen auf die Einflüsterungen unserer Kreativität und folgen dem, was in Stimmigkeit auftaucht: Inspirationen, Eingebungen, Botschaften der Seele. Wie sollen wir da wissen, wann unser Bild fertig ist?

Auch beim Schreiben und im Leben entscheidet nicht allein unser Kopf, wann ein Projekt oder eine Phase abgeschlossen ist. Auch hier ist alles von uns gefragt: Unser Fühlen, unsere Seele, unser Vertrauen in Resonanzfelder, in Stimmigkeit, in die Kommunikationswege der schöpferischen Kraft…

Aber wir sind es nicht gewohnt, im Einklang mit unserer schöpferischen Intuition den Schlusspunkt zu finden. Wir haben es nicht gelernt, wissen nicht, wie wir entscheiden können, ob ein kreativer Prozess beendet ist oder nicht.

Also beenden wir viele Bilder oder Geschichten, obwohl sie nicht wirklich abgeschlossen sind. Oder wir zögern das Ende endlos hinaus, obwohl längst etwas Neues auf uns wartet…


Ein paar Beispiele:

– Wir beenden ein Bild, weil es unserem inneren Kritiker nicht gefällt (und nicht, weil der Malprozess abgeschlossen ist).
– Wir beenden ein Bild, weil wir zu ungeduldig sind, den kreativen Rhythmen zu folgen.
– Wir beenden ein Bild, weil gerade schön aussieht und wir Angst haben, es zu zerstören, wenn wir weitermachen (obwohl noch sehr viel Energie da ist)
– Wir beenden ein Schreibprojekt, weil der Abgabetermin winkt (und wir nicht den Mut haben, eine Verlängerung zu erwirken).
– Wir beenden ein Schreibprojekt, weil wir keine Lust auf das eigentliche Schreibhandwerk haben.
– Wir trauen uns nicht, unsere echten, oft unbequemen Impulse einzubeziehen und langweilen uns dann einfach.
– Wir machen ewig weiter, weil wir nicht wissen, wie wir zum Ende finden können.
– Wir machen ewig weiter, weil wir so halbherzig bei der Sache sind, dass sich einfach keine Befriedigung, kein natürliches Ende einstellt.

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Am Ende großzügig

Um herauszufinden, ob unser Schlusspunkt wirklich mit dem natürlichen Ende eines kreativen Prozesses übereinstimmt, müssen wir uns genauso mit der Schöpfungskraft beraten, wie an jedem anderen Punkt unserer schöpferischen Reise. Das heißt, wir müssen uns Zeit nehmen, wach sein, bis zum Schluss präsent bleiben.

Das ist es, was Großzügigkeit am Ende bedeutet:
Nicht aufgeben oder einschlafen, nicht zwanghaft nach einem Abschluss suchen, nicht halbherzig einfach mal so weitermachen, weil wir keinen Plan haben – sondern auch am Ende eines kreativen Projektes so neugierig sein, wie am Anfang.

Bereit sein, weiterzumachen, wenn es dran ist.
Bereit sein, aufzuhören, wenn es dran ist.


In Verbindung sein

Und wie wissen wir, was dran ist?
Eigentlich wissen wir das in der Tiefe unseres Wesens ganz genau. Unser Innerste weiß, wann etwas zu Ende ist (und das Neue lockend vor der Tür steht). Doch die Funkverbindung zur Tiefe unseres Wesens ist bei den meisten von uns leider ziemlich gestört. Die Kommunikation mit uns selbst ist unterbrochen oder wird nicht geübt.

Kreative Prozesse haben immer auch damit zu tun, diese Verbindung wieder herzustellen.

Und der einzige Ort, wo wir das tun können, ist der gegenwärtige Moment, das Jetzt: Hier und jetzt, in diesem einen kostbaren Gegenwartsmoment, sind wir in Wirklichkeit stets mit unserem Innersten, unserem Kern, der schöpferischen Quelle verbunden.
Und es lässt sich lernen und üben, diese Verbindung zu pflegen und bewusst wiederherzustellen.

In meinen Kursen arbeite ich damit, und in meinem Buch ‚Love To Create‘ schreibe ich darüber.

Dass es ein ständiges Angehen ist, für diese Verbindung offen zu sein, sie wiederherzustellen und alle Hindernisse, die uns von ihr fern halten, aus dem Weg zu räumen, müssen wir in Kauf nehmen, wenn wir kreativ unterwegs sein wollen. An unserer inneren Welt mit ihren Schätzen und Geheimnissen und hellen und dunklen Seiten kommen wir nicht vorbei!

Sie ist in Wirklichkeit die Quelle aller Reichtümer, aller Inspirationen, und der Kontakt zu ihr verlangt nichts anderes, als unseren vollen Einsatz, unsere Liebe, unsere Offenheit und Empfänglichkeit, unsere Bereitschaft dazuzulernen, unsere Neugier – kurz, unsere Großzügigkeit.

Und das gilt für den Anfang, die Mitte, das Ende – denn egal, an welchem Punkt wir sind, es ist immer Jetzt,
und wir sind immer eingeladen, aus der Quelle zu schöpfen,
in der Anfang und Mitte und Ende zusammenfallen.


Love,


BlogNL

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag:

Für den nächsten Beitrag dieses Blogs werde ich weitere Texte und Bilder verwenden, die ihr mir in den letzten Wochen geschickt habt.

Und noch ein Hinweis:

Dienstagabend wird gemalt… und alle, die sich dort, wo sie leben, an dem kreativen Feld beteiligen wollen, sind herzlich eingeladen!

Bilder:
Die beiden Illustrationen in diesem Blog zeigen wieder Ausschnitte aus Bildern von Livia Buchegger und Christine Hummler, die das Kreativ-Tarot illustrieren, an dem ich gerade arbeite.