Die Technik beim Malen selbst entwickeln

Automatisch malen oder bewusst malen

In meinem Buch Kreativität – die Kunst, im Fluss zu sein erzähle ich, wie mir mein Großvater (und später Tanten, Lehrerinnen, Dozenten) beibrachten, „richtig“ zu malen. Eifrig folgte ich ihren Vorgaben, lernte Blumen, Wolken, Häuser, Menschen nachzumalen.
Doch der Radius meiner wachsenden Geschicklichkeit blieb klein: Es gab Dinge, die ich so oft geübt hatte, dass ich sie wie im Schlaf beherrschte. Gesichter zum Bespiel. Wenn ich sie den Erwachsenen zeigte, wurde ich gelobt.
Und es gab den „Rest der Welt“, Dinge, die mir nicht gelangen und für die es kein Lob gab.

Wie die Geschichte weiterging, ist in meinem Buch nachzulesen.

Was ich heute erzählen möchte, ist mir letzte Woche beim Malen passiert. Auf dem Bild, an dem ich arbeitete, gab es ein Gesicht zu malen. Richtiger: Eigentlich war es schon vor längerer Zeit gemalt, schnell, elegant, so, wie ich es jahrelang immer wieder geübt hatte.
Es „rutschte mir aus dem Pinsel“ und dominierte sofort das Bild.
Es stand heraus. Und das tat es nicht, weil es so schön, so stimmig, so ausdrucksstark war.
Nein, es war einfach nur glatt, nichts sagend, Massenware.
Es war automatisch entstanden, ohne meine innere Anwesenheit, und so sah es auch aus: Leer, platt, ohne Seele.

Manchmal stellen sich uns Dinge, die wir aus dem Handgelenk beherrschen, breit und bräsig in den Weg. Face15
Da haben wir etwas jahrelang gelernt, uns jahrelang darauf verlassen – und dann kommt auf einmal der Moment, in dem wir, wenn wir sie betrachten, nur noch unsere eigene Faulheit, Blindheit, Abwesenheit in ihnen gespiegelt sehen.

Dann ist es an der Zeit, etwas Neues, Größeres zu lernen.

So ging es mir mit dem Gesicht auf meinem Bild: Die Technik, die ich so lange gelernt und geübt hatte, stand mir eindeutig im Weg und ich war (wie so oft) herausgefordert, auf mein „Können“ zu verzichten und das Gesicht ohne meine automatischen Fähigkeiten noch einmal zu malen. Aus dem Nichts, wie ein Kind, das etwas Neues ausprobiert.

Was für eine Übung! Zwischendurch rutschte mir immer wieder der Pinsel aus, war schneller als ich, lief mir davon. Dann rief ich ihn zurück, hielt inne, übte mich in Geduld. Ließ die Technik aus dem Moment entstehen, und das ging nur, wenn mein Herz, mein Bauch, mein Atem mitmachten (s. Bild: das ist dabei herausgekommen..).

In solchen Momenten wird mir bewusst, wie ungeduldig ich oft bin. Fünfzig wilde Pferde… zwanzigtausend Affen…

Diese Art zu malen erzieht mich zur Geduld, und das geht meinem hastigen Geist, der ständig in Eile ist, gehörig gegen den Strich.
Aber ich halte es dieses Mal durch und es gibt sofort eine Belohnung: Die Befriedigung über einen stimmigen Ausdruck, eine Technik, die beim Malen aus mir heraus entstanden ist und in der sich meine Seele spiegelt.

Auch Lust zu malen?
In meinem kleinen Malkurs am 10. & 11. Juli sind noch Plätze frei!
Erlaube dir zu entspannen
und achtsam deinen eigenen kreativen Ausdruck zu finden.
Und du wirst erleben, dass schon 1 1/2 Tage reichen,
um dich aus dem Alltag in eine buntere, reichere Welt zu transportieren!