Archives for Oktober 2015

Frisch aus dem Garten

Auf meiner langen Liste mit Dingen, die ich noch erledigen muss, steht auch der Punkt „Blog schreiben“ (direkt hinter dem Punkt „Malen“). Und wenn er da eine Weile herumgestanden ist, schaut er mich streng an und drängt: „Jetzt ist schon über eine Woche vergangen. Du musst dringend mal wieder etwas posten.“

So wird eine immens kreative Tätigkeit, eine Inspiration und Freude zu einer weiteren Pflicht, die „auch noch erledigt“ werden muss. Das Schreiben selbst kann so lebendig, abenteuerlich und inspirierend sein, aber in der Vorstellung wird es mit der Zeit immer grauer, wie ein alter, beiseite geschobener Gegenstand, der Staub ansammelt.

Und dann setze ich mich endlich hin und beginne zu schreiben. Aus einer Vorstellung wird Gegenwart. Und Gegenwart hat es so an sich, voll mit Leben, Überraschungen, Gefühlen, Empfindungen, Wundern zu sein. Wenn ich es zulasse.
Halte ich stattdessen an der Vorstellung eines grauen, ungeliebten, eingestaubten Gegenstands fest (und das geschieht oft – man darf die Kraft der Vorstellungen nicht unterschätzen), können mich die Abenteuer und Inspirationen, die in meinem Innersten schon ungeduldig drängen und ausgedrückt werden wollen, kaum oder gar nicht erreichen.

Das ist, als würde ich einen halben Meter über dem kreativen Feld schweben, das sich mir anbietet, und mir den Kopf zermartern, was ich schreiben könnte, während seine Gaben, die Blüten, Früchte und Ähren meiner Kreativität locken und winken.

Für mich heißt kreativ sein immer zuerst hinabsteigen in die fühlende, atmende Gegenwart.
Die Sinne einschalten, den Körper bewohnen. Dann werde ich von einem fernen, kritischen Beobachter des Gartens zu dem Garten selbst.
Ich bin der Garten und ich bin das kreative Feld, aus dem Impulse und Ausdruckswünsche hervorstreben wie Krokusse, Rosenbüsche, langsam wachsende Apfelbäume und eilige grüne Grashüpfer.
Sterne, Nebelschleier, Regenbogen, Graphitstaub.
Die Früchte der Begegnung meines Körpers, meiner Sinne, meines Seins mit dem gegenwärtigen Moment.

Ein Tanz.

Manchmal auch ein müdes Schleppen.
Ein Innehalten.
Eine dunkle Schwere.
Eine Stille.
Und wieder ein Grashüpfer. Und das Zirpen der Grillen.
Alles aus dem gegenwärtigen Moment herausgepflückt. Frisch aus dem Garten – wie auch dieser Text.

Blumen

Verbunden sein – ein kreatives Spiel

Heute möchte ich euch wie versprochen die Idee einer lieben Freundin von mir vorstellen:
Eine wunderbar kreative Art, die Verbundenheit mit den Menschen in unserem Leben zu feiern!
Und eine Anregung zum Selbermachen – im Herbst, vielleicht mit Kastanien, vielleicht zusammen mit Kindern, mit Freunden oder allein.

Ich bin zum Beispiel jemand, die so etwas allein macht – und dann spürt, dass sie in Wirklichkeit alles andere als allein ist… 🙂

Hier also der Beitrag von Angela:

AngelaLiebe Paro,
Ende Mai habe ich mit einem kleinen kreativen Projekt begonnen, das nun seinem vorläufigen Ende zugeht.

Die Idee dazu kam mir auf dem Flughafen Schönefeld beim Warten. Und kaum war ich daheim, hab ich mich an den Gartentisch gesetzt und damit angefangen. Seither habe ich mich damit vergnügt. Immer im Garten und wenn mir danach war.

Auch jetzt sitze ich nach diesem wundervollen Sommer der uns alle so verwöhnt hat draußen.
Hab schon meine Daunenweste an, denn die Sonne steht nun so tief, dass sie nur noch kurz gewisse Flecken im Garten ausleuchtet und erwärmt.

Das Projekt:
Ich habe für jeden Menschen, der meinem Herzen nahe ist und mit dem mich eine Geschichte verbindet, eine kleine Kugel aus Ton gemacht und angemalt.
Sie sind (natürlich) alle ganz verschieden und ich „kenne“ sie alle.

Die meisten Menschen wohnen woanders, ich sehe sie nicht so häufig und es sind keine Blutsverwandten. Nun habe ich mir eine „Erinnerungshilfe“ geschaffen.
Sie kommen dann alle zusammen in eine schöne Schale und ich ziehe jeden Tag blind drei von ihnen, und dann kann ich an sie denken, anrufen, schreiben.

Im Glas siehst du die frisch lackierten, die grad eine Trocken-Party zusammen feiern:-).
Ganz vorne, die grünrotgelbbunte mit den weißen Tüpfchen, das ist deine Kugel.

Insgesamt sind es 58 geworden, zufälliger Weise genau so viel wie die Lebensjahre, die ich nun gerundet habe. Und ich wünsche mir dass noch viele Kugeln dazu kommen werden…

Wenn ich wieder draußen sitzen kann an einem neuen Ort, den ich noch finden muss, eröffne ich mein Freiluft-Atelier ganz sicher wieder.
Jetzt aber freu ich mich erst mal an dieser bunten Beerenausbeute.
Dankbar bin ich, so wundervolle Menschen in meinem Leben zu haben. Einer von ihnen bist Du.

Im Hintergrund siehst du eine einzelne Rose. Sie ist wie aus Marzipan und sie rührt mich unendlich.
Der Stock ist mager und alt und doch bringt er immer wieder so ein Wunder hervor.
Ohne großes Aufheben. Einfach so.
Göttlich…

Ach, und übrigens:
Angela kommt auch in meinem Film (Kreativität – die Kunst, im Fluss zu sein) vor.
Sie ist die geniale Pianistin an dem schwarzen Flügel (der steht in ihrem Atelier),
und sie erzählt so einiges über Freiheit und Kreativität…
Den Film könnt ihr bei mir oder in eurem örtlichen Buchladen bestellen“

Und nächstes Mal gibt es wieder etwas von mir.
Es wartet schon darauf, mitgeteilt zu werden…
Herzlich,
Paro

UBUNTU – du bist die Welt

Diese Mail, die mir nach meinem letzten Beitrag ins Haus flatterte, möchte ich euch nicht vorenthalten! Ich denke, ihr werdet sie genauso begrüßen wie ich…

Liebe Paro,
dieses Bild kam mir heute in den Sinn, als ich deine Post bekam und die folgenden Zeilen von Desmond Tutu, ehemaliger anglikanischer Erzbischof, sowie Friedensnobelpreisträger, die ich gern mit dir teilen möchte:

WebNetz


 

UBUNTU
Du bist die Welt
Das erste Gesetz unseres Seins lautet, dass wir in ein empfindliches Netzwerk der gegenseitigen Abhängigkeit von unseren Mitmenschen und der übrigen Schöpfung eingebunden sind.
Das Wissen um diese gegenseitige Abhängigkeit nennt man in Afrika, in der Sprache der Nguni, ubuntu, oder botho auf Sotho– Wörter, die sich kaum übersetzen lassen.
Es ist die Essenz des Mensch-Seins.
Es bezeichnet die Tatsache, dass mein Menschsein in dem deinen aufgeht und unlöslich darin eingebunden ist. Ich bin Mensch, weil ich dazugehöre. Es umfasst Ganzheit, es umfasst Mitgefühl.
Ein Mensch mit ubuntu ist einladend, gastfreundlich, warm und großzügig, bereit zu teilen. Solche Menschen sind offen und zugänglich für andere, bereit zur Verletzlichkeit, bestärken andere und haben keine Angst vor den Fähigkeiten anderer. Denn sie haben ein gesundes Selbstbewusstsein, das aus dem Wissen kommt, dass sie einem größeren Ganzen angehören und beeinträchtigt sind, wenn andere erniedrigt und beeinträchtigt werden – wenn andere gefoltert oder unterdrückt werden oder behandelt werden, als seien sie weniger als sie wirklich sind. Ubuntu macht die Menschen unverwüstlich, lässt sie überleben und Mensch bleiben – trotz aller Versuche, sie ihrer menschlichen Würde zu berauben.

Desmond Tutu

……. ich wünsche mir ganz viel Ubuntu gerade in dieser nicht ganz einfachen, herausfordernden Zeit, in der wir alle gefragt sind.

Ganz liebe Grüße
Manuela Klein-Reiber
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Erzieherin/ Aggressionsberaterin