Archives for Juni 2015

Die Technik beim Malen selbst entwickeln

Automatisch malen oder bewusst malen

In meinem Buch Kreativität – die Kunst, im Fluss zu sein erzähle ich, wie mir mein Großvater (und später Tanten, Lehrerinnen, Dozenten) beibrachten, „richtig“ zu malen. Eifrig folgte ich ihren Vorgaben, lernte Blumen, Wolken, Häuser, Menschen nachzumalen.
Doch der Radius meiner wachsenden Geschicklichkeit blieb klein: Es gab Dinge, die ich so oft geübt hatte, dass ich sie wie im Schlaf beherrschte. Gesichter zum Bespiel. Wenn ich sie den Erwachsenen zeigte, wurde ich gelobt.
Und es gab den „Rest der Welt“, Dinge, die mir nicht gelangen und für die es kein Lob gab.

Wie die Geschichte weiterging, ist in meinem Buch nachzulesen.

Was ich heute erzählen möchte, ist mir letzte Woche beim Malen passiert. Auf dem Bild, an dem ich arbeitete, gab es ein Gesicht zu malen. Richtiger: Eigentlich war es schon vor längerer Zeit gemalt, schnell, elegant, so, wie ich es jahrelang immer wieder geübt hatte.
Es „rutschte mir aus dem Pinsel“ und dominierte sofort das Bild.
Es stand heraus. Und das tat es nicht, weil es so schön, so stimmig, so ausdrucksstark war.
Nein, es war einfach nur glatt, nichts sagend, Massenware.
Es war automatisch entstanden, ohne meine innere Anwesenheit, und so sah es auch aus: Leer, platt, ohne Seele.

Manchmal stellen sich uns Dinge, die wir aus dem Handgelenk beherrschen, breit und bräsig in den Weg. Face15
Da haben wir etwas jahrelang gelernt, uns jahrelang darauf verlassen – und dann kommt auf einmal der Moment, in dem wir, wenn wir sie betrachten, nur noch unsere eigene Faulheit, Blindheit, Abwesenheit in ihnen gespiegelt sehen.

Dann ist es an der Zeit, etwas Neues, Größeres zu lernen.

So ging es mir mit dem Gesicht auf meinem Bild: Die Technik, die ich so lange gelernt und geübt hatte, stand mir eindeutig im Weg und ich war (wie so oft) herausgefordert, auf mein „Können“ zu verzichten und das Gesicht ohne meine automatischen Fähigkeiten noch einmal zu malen. Aus dem Nichts, wie ein Kind, das etwas Neues ausprobiert.

Was für eine Übung! Zwischendurch rutschte mir immer wieder der Pinsel aus, war schneller als ich, lief mir davon. Dann rief ich ihn zurück, hielt inne, übte mich in Geduld. Ließ die Technik aus dem Moment entstehen, und das ging nur, wenn mein Herz, mein Bauch, mein Atem mitmachten (s. Bild: das ist dabei herausgekommen..).

In solchen Momenten wird mir bewusst, wie ungeduldig ich oft bin. Fünfzig wilde Pferde… zwanzigtausend Affen…

Diese Art zu malen erzieht mich zur Geduld, und das geht meinem hastigen Geist, der ständig in Eile ist, gehörig gegen den Strich.
Aber ich halte es dieses Mal durch und es gibt sofort eine Belohnung: Die Befriedigung über einen stimmigen Ausdruck, eine Technik, die beim Malen aus mir heraus entstanden ist und in der sich meine Seele spiegelt.

Auch Lust zu malen?
In meinem kleinen Malkurs am 10. & 11. Juli sind noch Plätze frei!
Erlaube dir zu entspannen
und achtsam deinen eigenen kreativen Ausdruck zu finden.
Und du wirst erleben, dass schon 1 1/2 Tage reichen,
um dich aus dem Alltag in eine buntere, reichere Welt zu transportieren!

Licht und Farbe

Ein Mittsommer-Ritual 

In wenigen Tagen ist Mittsommer, die Sonne hat ihren höchsten Stand, die Nächte sind kurz und im Norden wird es nachts gar nicht richtig dunkel.

Während meines Urlaubs oben an der Ostsee habe ich solche Nächte erlebt. MittsommerIch habe Fotos gemacht aus dem Fenster meines Häuschens und über Licht und Dunkelheit sinniert.

Wenn all die vielen Farben nach und nach ihr Leuchten verloren und sich zu einem dunklen Blau mischten, wurde mir bewusst, wie kostbar unsere Fähigkeit ist Farben zu sehen.

Auch die Farbe der Nacht ist schön, doch wenn die Dinge gegen Morgen nach und nach wieder ihre eigene Farbe annehmen (begleitet vom Gezwitscher der Vögel), ist das ein Fest, eine Entdeckung, eine Bereicherung.

Diese wache, sinnliche Wahrnehmung der Farben, diese Freude an ihrem Erscheinen ist etwas, das ich nicht so schnell wieder verlieren möchte.
Beim Malen können wir sie bewusst pflegen!

Dafür eine kleine Übung (die ich selbst am 21.06. als Teil meines Mittsommer-Rituals durchführen möchte). Vielleicht ist sie auch etwas für dich!

Die Übung:

Wähle bei deiner nächsten Malsitzung (und vielleicht auch am 21.06.) zunächst nur eine einzige Farbe aus. Schließe die Augen, bevor du sie zu Papier bringst.
Dann begrüße ihr Erscheinen mit Wachheit: Spüre die Farbe, höre ihren Klang, lasse sie auf dich wirken, erlebe vielleicht die Geschichte, die sie dir erzählt.

Mache dir bewusst, wie kostbar unsere Fähigkeit ist, Farben zu sehen.

Erlaube der Farbe zu tanzen. Ihre ganz eigene Form auf das Papier zu bringen. Zu spielen. Zu leben.
Schließe zwischendurch immer wieder die Augen, wenn dir das hilft, die Farbe jedes Mal neu leuchten zu lassen. Schwelge in der Farbe. Spiele mit ihr.

Erst wenn du diese eine Farbe wirklich ausgeschöpft hast, nimm die nächste Farbe dazu.

Lass das Ganze zu einem Ritual der Dankbarkeit werden!

Anspannung und Loslassen

Eine Einladung zu malen

Heute abend beginnt wieder ein Malkurs, ich bin gespannt und voller Vorfreude.
Da ist die alte Anspannung, die immer auftaucht, wenn ich etwas richtig gut machen will.
Und da ist die Vorfreude, die weiß, dass meine alte Anspannung fehl am Platz ist: Ich brauche keine innere Enge, keine überzogenen Sorgen, was alles schief laufen könnte.

Sobald ich darauf verzichte, PERFEKT sein zu wollen, kommt mir das Leben zur Hilfe. Dann kann ich loslassen (oder richtiger, Loslassen geschieht) und jeder Augenblick bringt seine eigene Schönheit, seine eigenen kreativen Impulse, seine eigenen Lektionen mit sich.

Die Malsitzungen im kommenden Kurs möchte ich dieser Einsicht widmen.

PeonieUnd ich lade alle Leser/innen ein, aus der Ferne mit dabei zu sein:

Sich irgendwann an diesem Wochenende mit Farbe, Pinsel und Papier hinzusetzen (oder hinzustellen),

Den gegenwärtigen Moment einzuladen,

ihn zu spüren, zu hören, mit allen Sinnen zu empfangen,

sich von ihm erfüllen zu lassen,

und aus dieser Fülle ein Zeichen zu setzen mit Farbe und Pinsel. Und dann, wenn es passt, noch eine Weile weiter zu malen.

Darauf verzichten, perfekt sein zu wollen. Jeden Moment genießen, den das Leben uns schickt.

Und spüren, dass wir in diesem lebendigen kreativen Fluss alle miteinander verbunden sind.